06. Juli 2022 | 14:11 Uhr

Sonnblick.png © APA/WWW.FOTO-WEBCAM.EU

So früh wie noch nie

Gipfel des Sonnblicks erstmals schon im Juli schneefrei

Der Klimawandel setzt den Gletschern ordentlich zu. Der Gipfel des Hohen Sonnblicks (3.106 Meter Seehöhe) in Rauris (Pinzgau) ist erstmals im Juli schneefrei.  

Das ist seit Beginn der Schneemessungen im Jahr 1938 ein Rekordwert. So früh im Jahr zeigte die Messstelle beim Observatorium noch nie null Zentimer, wie Alexander Orlik von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) am Mittwoch der APA aktuelle Berichte des ORF und der Kronenzeitung bestätigte.

Die Schneemessstelle steht etwas unterhalb des Gipfels des Sonnblicks in den Hohen Tauern. "Die bisher früheste Ausaperung war am 13. August 2003", sagte Orlik im APA-Gespräch. Da zeigte die Messstelle ebenfalls null Zentimeter an. Im Schnitt ist diese Stelle erst Ende August, Anfang September schneefrei, wie der Klimatologe schilderte. "Was wir jetzt haben, ist noch nie da gewesen."

Der Gipfelbereich aperte heuer also mehr als einen Monat früher aus als bisher. Orlik nannte mehrere Hauptfaktoren für die Ausaperung Anfang Juli. Der März war "extrem niederschlagsarm", normalerweise fällt zweieinhalb Meter Neuschnee, "diesmal waren es nur sieben Zentimeter". Dazu komme noch, dass der Jänner ebenfalls wenig Niederschlag brachte und deshalb nicht sonderlich schneereich war, und der Mai und Juni sehr warm waren. Diese Kombination habe die Abschmelzungsrate gesteigert.

Schneearmut  auf den Gletschern

Auch andere Messstellen in diesen Höhen würden die Schneearmut auf den Gletschern dokumentieren. "Wenn nicht bald eine markante Schneedecke auf dem dunklen Gletschereis liegt, wird der Gletscherschwund stark ausfallen. Die Sonneneinstrahlung wird die Schmelzkraft beschleunigen", sagte der Klimatologe.

Vor allem in den vergangenen zehn Jahren ist es im Sommer zu einem rapiden Temperaturanstieg gekommen. Vergleicht man den Temperaturmittelwert von Anfang der 1960er-Jahre mit den vergagnenen zehn Jahren, so ist es laut Orlik um rund 2,5 Grad wärmer geworden.

Am Sonnblick Observatorium werden die Temperaturen seit 1886 gemessen. Diese Daten würden belegen, dass es schon lange milder wird, sagte Meteorologin Elke Ludewig, Leiterin der Station, gegenüber dem ORF. "Wir sehen, dass wir seit den 1960er- und 1980er-Jahren bis zum heutigen Tag schon einen mittleren Temperaturanstieg von insgesamt zwei Grad haben über die Jahre." So wie heuer habe es hier um diese Jahreszeit noch nie ausgesehen, sagte die Forscherin Marion Greilinger, die auf dem Sonnblick tätig ist.

Ein Gletscherabbruch auf der Marmolata in den italienischen Dolomiten, der eine Eislawine auslöste, hat am vergangenen Wochenende laut vorläufiger Bilanz sieben Todesopfer gefordert, acht Personen wurden verletzt und weitere fünf werden noch vermisst. Hochtouren seien auch auf Österreichs Gletschern mit höherem Risiko verbunden, warnen Gletscherforscher und Bergführer. Neue Gefahrenquellen und Naturphänomene, die es bisher nie gab, müssten ab sofort in jede Tourenplanung einfließen.