07. April 2016 | 13:19 Uhr
Klimawandel
Schad-Insekten werden bei uns heimisch
Baumwollkapselwurm und Khapra-Käfer könnten sich bei uns etablieren.
Nicht heimische Tier- und Pflanzenarten könnten künftig durch den Klimawandel profitieren und sich dauerhaft in unseren Breiten etablieren. So könnten auch exotische Schadinsekten weiter in den Norden vordringen. Wiener Forscher haben für drei Schädlingsarten Modelle erstellt, um ihren Überwinterungserfolg - und damit ein wichtiges Kriterium für die "Heimischwerdung" - abzuschätzen.
Zwei auf den ersten Blick unabhängige Faktoren sollten laut Andreas Kahrer von der AGES (Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit) in Wien gemeinsam betrachtet werden: "Nicht heimische Schadinsekten werden immer wieder nach Europa eingeschleppt. Und die mittleren Temperaturen sind in Europa während der vergangenen 100 Jahre um bis zu zwei Grad Celsius angestiegen und dürften künftig je nach Modell noch zwischen einem und drei Grad Celsius ansteigen", wie Kahrer am Rande des "Österreichischen Klimatages" in Graz schilderte.
Landwirtschaft in Gefahr?
Er stellte sich gemeinsam mit Helfried Scheifinger von der ZAMG (Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik) die Frage, ob dadurch nicht schon in naher Zukunft eingeschleppte Insekten in europäischen Regionen heimisch werden - und damit möglicherweise die Landwirtschaft in Gefahr bringen könnten. Mit den von Scheifinger zur Verfügung gestellten aktuellen Klimadaten und prognostizierten Klimaszenarien hat er den potenziellen Ansiedelungserfolg von drei ausgewählten Schadinsekten untersucht: den Baumwollkapselwurm (Helicoverpa armigera), die aus Südamerika stammende Tomatenminiermotte (Tuta absoluta) und den aus Indien stammenden Khapra-Käfer (Trogoderma granarium).
Gemessen wurde der mögliche Ansiedelungserfolg der Schädlinge an ihrem Überwinterungserfolg. Dieser stelle "eine erste notwendige Voraussetzung" dar, um sich in einem neuen Gebiet zu etablieren, wie der Klimatologe betonte.
Die Ergebnisse der aus prognostizierten Klimadaten erstellten Modellierung der Überwinterungserfolge waren laut Scheifinger prägnant: Im Fall des Baumwollkapselwurms, dessen Raupen auch Gemüse und Blumen befallen, und des Khapra-Käfers könnten demnach bis Ende dieses Jahrhunderts die Gebiete, in denen die Insekten gut überwintern könnten, stark anwachsen.
"Dann würden große Gebiete in Mitteleuropa zur Überwinterung beider Arten ohne jegliche klimabedingte Sterblichkeit geeignet sein", folgerte der ZAMG-Experte. Im Fall der Tomatenminiermotte würde sich die Vergrößerung der möglichen Überwinterungsgebiete auch gegen Ende des 21. Jahrhunderts jedoch weiterhin auf Südwesteuropa und den Mittelmeerraum beschränken.