Ein 16-Jähriger kam Mittwochnachmittag in einer Lawine ums Leben. Er war außerhalb der gesicherten Pisten unterwegs und konnte von den Einsatzkräften nur noch tot geborgen werden. Seine Eltern und sein Bruder wurden nicht verschüttet und blieben unverletzt.
Ausgangssperre in Zürs verhängt
Aufgrund der anhaltend großen Lawinengefahr der Stufe 4 waren in Vorarlberg die Arlberg-Orte Lech, Zürs und Stuben nicht auf dem Straßenweg erreichbar. Am Abend wurde in Zürs sogar eine Ausgangssperre verhängt. Anrainer und Touristen sollten ihre Häuser und Hotels nicht mehr verlassen, berichtet oe24-Chefredakteur Niki Fellner aus Zürs. Im Bregenzerwald war unter anderem die Verbindung nach Schröcken und Warth gesperrt, im Montafon die Straße nach Gargellen. Bei starkem Schneefall war die Dauer der Straßensperren vorerst völlig offen.
Lawinensprengung in Ischgl
Trotz der anhaltenden Schneefälle in Tirol ist die Situation für den Siedlungsbereich derzeit nicht "kritisch". Laut den Experten der Wildbach- und Lawinenverbauung sind die Schneemengen problemlos durch die Schutzbauten zu bewältigen. Trotzdem sei die Lawinensituation weiterhin angespannt, erklärte Rudi Mair, Leiter des Lawinenwarndienstes Tirol, am Mittwoch.
Indes zeigt ein Video von Eduard Hofer auf Facebook eine kontrollierte Sprengung einer Lawine. Auf den Bildern ist zu sehen, wie die Schneemassen in Richtung Tal rasen. Es handelte sich dabei um eine reine Vorsichtsmaßnahme, wie es seitens des Tourismusverbands Ischgl heißt. Die Straße wurde für die Dauer der Sprengung gesperrt, Gefahr habe zu keiner Zeit bestanden.
Der Schnee sei im beliebten Ski-Hotspot nicht einmal ein großes Problem, wie es weiter heißt. Gerade einmal 40 cm habe es. Allerdings werden solche kontrollierten Sprengungen abhängig von der Wettersituation mehrmals täglich vorgenommen, um die Sicherheit auf den Pisten garantieren zu können.
Warum Expertenvor Wetterbesserung zittern
Doch auch die vorübergehende Wetterbesserung, die für Freitag und Samstag prognostiziert ist, bereite Mair Sorgen, "da genau dann erfahrungsgemäß viele Wintersportler auf den Bergen unterwegs sind". Für diese Tage - wie auch derzeit - könne man nur warnen, dass die gesicherten Pisten unter keinen Umständen verlassen werden sollten, so Mair.
Hochkar zum Katastrophengebiet erklärt
Das Hochkar bzw. die Göstlinger Katastralgemeinde Lassing (Bezirk Scheibbs) ist am Mittwoch zum Katastrophengebiet erklärt worden. Diese Einschätzung gelte seit dem Vormittag, berichtete Bürgermeister Friedrich Fahrnberger (ÖVP). Seitens der Bezirkshauptmannschaft, von der die Verordnung Fahrnberger zufolge erlassen wurde, gab es auf APA-Anfrage vorerst keine Stellungnahme.
Die Hochkar Alpenstraße blieb weiterhin gesperrt. "Wir haben die drei Kilometer bis zur ersten Gefahrenstelle gestern geräumt, müssen damit aber jetzt von vorne beginnen", sagte der Bürgermeister. Schneefall und umgestürzte Bäume haben die Fahrbahn demnach in der Nacht auf Mittwoch erneut unpassierbar gemacht. Im Bereich der ersten Gefahrenstelle soll am Nachmittag vom Boden aus eine Lawinenabsprengung erfolgen.
Wetterfenster am Freitag
Für Freitag rechnet Fahrnberger mit einem Wetterfenster, das Hubschraubereinsätze und Lawinensprengungen an den weiteren Gefahrenstellen ermöglichen könnte. "Es dauert dann rund eineinhalb Tage, bis die Straße wieder frei ist." Aus heutiger Sicht könnten am Sonntag die angeforderten Kräfte des Bundesheeres am Hochkar eintreffen, um Wohnobjekte freizuschaufeln.
Das Skigebiet war am Montag evakuiert worden. Rund 100 Gäste, Mitarbeiter und Bewohner hatten am Nachmittag im Fahrzeugkonvoi das Hochkar verlassen.
Höchste Lawinenwarnstufe in großen Teilen des Landes
Am Dienstag ist für die steirischen Nordalpen erstmals die höchste Lawinenwarnstufe der fünfteiligen Skala ("sehr groß") verhängt worden, inzwischen galt sie auch in Bereichen der Bundesländer Ober- und Niederösterreich sowie Salzburg. 2.250 Menschen waren zudem in der Steiermark abgeschnitten oder schwer erreichbar, in Vorarlberg war dies am Mittwochvormittag in mehreren Arlberg-Orten der Fall.
Vom Dachstein über das Tote Gebirge bis zum Hochschwab herrschte am Mittwoch in der Obersteiermark "sehr große" Lawinengefahr, die höchste Warnstufe. In den übrigen Landesteilen wurde die Situation von den Experten als nicht ganz so dramatisch eingeschätzt. In den nördlichen Niederen Tauern - den Schladminger Tauern - galt Warnstufe 4 ("groß"). Zahlreiche Verbindungen waren nach wie vor bzw. wieder gesperrt, etwa die Gesäuse Straße, die Verbindung über den Seeberg oder über den Präbichl oder das Niederalpl.
Hubschrauberflüge waren wegen Windes und extrem beschränkter Sicht in der nördlichen Obersteiermark kaum möglich. Rund 2.250 Menschen waren laut Landeswarnzentrale von der Außenwelt abgeschnitten oder schwer erreichbar. Das steirische Rote Kreuz hatte bereits in der Vorwoche vorgesorgt und etwa Dialyse-Patienten auf deren Wunsch aus exponierten Orten in Spitäler verlegt.
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Zürs am Arlberg ist komplett eingeschneit.
In OÖ "höchste Gefahr"
In Oberösterreich wurde die Lawinenwarnstufe für den alpinen Süden des Landes zu Mittag auf die höchste Kategorie fünf angehoben. Im Voralpenbereich herrschte weiterhin Warnstufe vier. Sprengungen seien allerdings schwierig, sagten Experten, weil kein Flugwetter herrsche. Die Skigebiete Krippenstein und Kasberg haben den Betrieb ganz eingestellt. Im gesamten Bundesland waren rund 50 Straßen gesperrt, darunter auch die großen Passstraßen im Süden - Pyhrnpass, Hengstpass und Koppenpass - sowie etliche kleinere Verkehrsverbindungen.
Höchste Lawinenwarnstufe in Salzburg
Auch in Salzburg spitzte sich die Situation in einigen Landesteilen weiter zu. Nach dem es durch den Neuschnee und die starken Windverfrachtungen in den Nordalpen bereits zu ersten spontanen Lawinenabgängen gekommen war, rief der Lawinenwarndienst für den Nachmittag die höchste Lawinenwarnstufe 5 - "sehr große Gefahr" - aus. Betroffen seien vor allem der Süden des Hochkönigmassivs, das Hagen- und Tennengebirge und der Gosaukamm.
"Diese Einstufung wird auch morgen aufrecht bleiben", kündigte Bernhard Niedermoser, Leiter der Lawinenwarnzentrale an. Am Freitag sollte sich das Wetter dann kurzfristig bessern. Dies könnte im Idealfall für Erkundungsflüge und Lawinensprengungen genützt werden.
Auch in NÖ Stufe 5
In Niederösterreich waren aufgrund der Wettersituation und der sehr hohen Lawinengefahr (Stufe 5) die Skigebiete Hochkar, Lackenhof am Ötscher, Maiszinken (Bezirk Scheibbs) und die Gemeindealpe in Mitterbach am Erlaufsee (Bezirk Lilienfeld) geschlossen. In Kärnten herrschte am Mittwoch nur im Norden, an der Landesgrenze zu Salzburg, teils große Lawinengefahr. Laut Informationen des Lawinenwarndienstes Kärnten habe stürmischer Wind für frische Triebschneeablagerungen gesorgt, es sei "vermehrt mit spontanen mittleren und großen Lawinen" zu rechnen.
Alarmstufe Rot
Ernsthaft bedrohlich ist die Lage in vielen Orten in den Alpen. Der Schnee türmt sich bald auf neue Rekordhöhen. Am Loser (Ausseerland, Steiermark) liegen etwa schon 390 cm, in der Winterregion Ski amadé liegen bis zu 350 cm.
➔ Warnstufe Rot. Die Wetterexperten der ZAMG haben zum bereits zweiten Mal in vier Tagen die höchste Schneewarnstufe Rot ausgerufen.
Salzburg: 11 Touristen aus Berghütte befreit
➔ Abgeschnitten. In der Krisenregion Sölktal (St.), die seit Freitag wegen akuter Lawinengefahr abgeschnitten ist, machten sich Bergretter zu Fuß ins Tal auf, um Medikamente zu liefern. Die Heereshelikopter konnten aufgrund der Witterung nicht starten. In St. Koloman (Sbg.) wurden elf Touristen befreit, die in einer Hütte eingeschlossen waren. Das Skigebiet Hochkar (NÖ, „Hausberg“ der Wiener) bleibt weiter gesperrt, hier gibt es drei Lawinengefahrenpunkte.
Extremer Schneefall bis Anfang nächster Woche
➔ Bis zu 3 Meter. Jetzt beginnt erneut extremer Schneefall. Prognose der Ö3-Meteorologen für die Region Vorarlberg, Tirol, Salzburg und die Berge Oberösterreichs und der Steiermark: „80 bis 150 cm bis Anfang nächster Woche, auf den Bergen können es in Staulagen bis zu drei Meter sein.“
➔ Verschärfung. Schon jetzt ist mehr Schnee gefallen als in einem durchschnittlichen gesamten Jänner. In den steirischen Nordalpen ist gestern Nachmittag die höchste Lawinenwarnstufe 5 verhängt worden. ÖVP-Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer: „Die Sicherheit hat Vorrang, das ist uns lieber als Verletzte oder gar Tote.“
➔ Keine Versorgung. Die Versorgungsflüge der Hubschrauber in die abgeschnittenen Orte bleiben durch die Wetterlage weiter gefährdet.
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Angst vor neuerlicher "Galtür-Katastrophe"
➔ Viele Tote. „Die Situation wird sich eklatant verschärfen“, sagt Martin Burger, Bergretter in Vorarlberg. Bisher forderte der Wintereinbruch sechs Todesopfer. Manche fürchten ein neues „Galtür“ (1999 starben bei der Lawinenkatastrophe 31 Menschen).
oe24 berichtet auch heute wieder LIVE über die aktuelle Situation