09. August 2016 | 11:53 Uhr
Mehr Wolken
Supernova änderte Klima auf der Erde
Sternenexplosion in 100 Lichtjahren Entfernung schleuderte Teilchen auf die Erde.
Neue Spuren einer Sternenexplosion vor ungefähr 2,8 Millionen Jahren hat ein Forscherteam mit österreichischer Beteiligung mit aufwendiger Technik in Ablagerungen aus dem Pazifik nachweisen können, berichten sie im Fachblatt "PNAS". Die verschwindend geringen Konzentrationen eines Eisen-Isotops, das auf der Erde nicht vorkommt, lassen vielleicht Rückschlüsse auf eine damalige Klimaveränderung zu.
Bereits vor mehr als zehn Jahren stießen Wissenschafter in Boden-Sedimentproben aus dem Zentralpazifik auf "Eisen-60" - ein Isotop, das auf der Erde nicht entsteht und nur durch eine Supernova hierher gelangt sein konnte. Wann sich dieses kosmische Ereignis zugetragen hatte, blieb aber offen. Ein Versuch, im Atlantik Proben zu nehmen, die eine bessere zeitliche Einordnung zulassen, scheiterte.
Archiv der Erdgeschichte
In einem über vier Jahre laufenden Forschungsprojekt machte sich nun ein deutsch-österreichisches Team auf die Suche nach weiteren Teilchen, die von dem sterbenden Stern einst ins All geschleudert wurden. Dazu entnahmen sie Sedimentproben aus einer Seeregion etwa 1.000 Kilometer westlich von Peru. Dort lagern sich die Sedimente ungestört ab, und über die Jahrmillionen entstand sozusagen ein Archiv der Erdgeschichte. Den Analysen von Ramon Egli von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) in Wien zufolge wurde die natürliche Abfolge der Ablagerungen dort auch nicht gestört, so der Geophysiker.
"Wir suchten ja extraterrestrisches Eisen und dazu mussten wir ausschließen, dass das Sediment nicht zu viel terrestrisches Eisen enthält", schilderte Egli. Ein wichtiger Schritt, denn der Anteil an Eisen-60 konnte nur sehr gering sein und je mehr anderes Eisen die Proben enthalten, umso schwieriger würde der Nachweis. "Eine riesige Herausforderung bei dem Projekt war, überhaupt etwas zu messen", betonte Egli.
Am Teilchenbeschleuniger der Technischen Universität München, wo sich sogar ein Partikel unter zehn Billiarden detektieren lässt, gelang das aber. Aufgrund der sehr geringen, aber doch unterschiedlichen Konzentrationen des Isotops in verschiedenen Sedimentschichten wurde zudem klar, dass die ersten außerirdischen Teilchen die Erde vor 2,8 Mio. Jahren erreichten und sie dann ganze 1,3 Mio. Jahre einhüllten.
Laut Berechnungen von Astrophysikern muss die Supernova damals ungefähr 100 Lichtjahre entfernt stattgefunden haben. "Zum Glück", sagte Egli, denn ab einer Entfernung von etwa 30 Lichtjahren würde ein solches Ereignis erhebliche Auswirkungen auf das Leben auf der Erde haben.
Kein Massenaussterben, aber doch "gewisser Klimawandel"
Ganz spurlos dürfte aber auch dieses Ereignis nicht an unserem Planeten vorbeigegangen sein: "Dass es aufgrund dessen zu einem tief greifenden Klimawandel mit einem Massenaussterben gekommen ist, kann man praktisch ausschließen", so der Forscher. Eine Supernova führt allerdings zu einem Anstieg der Teilchenstrahlung aus dem Weltall. Solche Partikel können neuen Erkenntnissen zufolge einen Ausgangspunkt zur Wolkenbildung darstellen. "Mehr Wolken bedeutet weniger Sonneneinstrahlung auf der Erde. Man schätzt, dass diese Supernova vermutlich zu 15 Prozent mehr kosmischer Strahlung geführt hat. Das könnte genügend gewesen sein, um einen gewissen Klimawechsel zu verursachen", erklärte Egli. Und tatsächlich gebe es Hinweise, dass zu dieser Zeit etwa mehrere Muschelarten ausstarben.
Da nun klar ist, dass Eisen-60 über einen sehr langen Zeitraum weitgehend gleichmäßig überall auf der Welt verteilt wurde, könnte man es auch als "Marker" einsetzen, um mehr darüber herauszufinden, wie das Metall auf der Erde zirkuliert. Das sei wichtig, weil sich von Eisen viele kleine Meeresbewohner ernähren. Deren Häufigkeit hängt wiederum damit zusammen, wie viel von dem Treibhausgas CO2 von den Lebewesen aus der Atmosphäre genommen werden kann. "Das hilft uns, vergangene Bedingungen auf der Erde festzustellen", sagte Egli.