30. Juli 2015 | 08:41 Uhr

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Solarer Zyklus

Rätsel gelöst: Darum schwächelt unsere Sonne

Forscher können nun erstmals den Leistungsabfall der Sonne begründen.

Astronomen beobachteten in jüngster Vergangenheit einen "Leistungsabfall" der Sonne. Das vergangene Aktivitätsmaximum Mitte 2014 blieb deutlich hinter denen der vergangenen Jahrzehnte zurück. Vergleichsweise wenige Sonnenflecken überzogen seine Oberfläche; Anzahl und Heftigkeit der Sonneneruptionen fielen geringer aus als erwartet.

Nun haben Forscher des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung in Göttingen und der Chinesischen Akademie der Wissenschaften den Grund dafür gefunden: Ungewöhnliche magnetische Strukturen schwächten das  Gesamtmagnetfeld der Sonne ab. Da sich Strukturen dieser Art zufällig bilden, zeigen die Rechnungen der Forscher vor allem eines: Wie sich die Aktivität der Sonne entwickeln wird, lässt sich nicht langfristig vorhersagen.

Hintergrund: Der Sonnenzyklus
Die Aktivität der Sonne schwankt in einem mehr oder weniger regelmäßigen Zyklus. Etwa alle elf Jahre zeigt sich unser Stern von seiner ungestümen Seite: In heftigen Eruptionen schleudert er geladene Teilchen und Strahlung ins All; starke, veränderliche Magnetfelder erscheinen an seiner sichtbaren Oberfläche und erzeugen die dunklen Sonnenflecken. Jeweils etwa sechs bis sieben Jahre später kehrt wieder Ruhe ein.

Neben einem großräumigen Magnetfeld, das ähnlich wie das der Erde dem eines Stabmagneten gleicht, ist das Magnetfeld der Sonne vor allem von starken, lokalen Feldern geprägt. An der Oberfläche der Sonne zeigen sich diese Felder als so genannte bipolare Regionen: zwei eng benachbarte Gebiete hoher magnetischer Feldstärke, die entgegengesetzten Magnetpolen entsprechen. Oft machen sich diese Felder bemerkbar durch die mit ihnen verbundenen dunklen Sonnenflecken.

Schwacher 24. Zyklus
Doch trotz dieser Regelmäßigkeit ist jeder Sonnenzyklus anders. Der derzeitige Zyklus etwa, der 24. seit dem Beginn systematischer Sonnenbeobachtungen Mitte des 18. Jahrhunderts, fällt deutlich schwächer aus als seine Vorgänger. Im Maximum vor etwa einem Jahr überzogen nur etwa halb so viele Sonnenflecken die Oberfläche der Sonne wie in den frühen 90er Jahren. Besonders gewaltige Sonneneruptionen blieben im 24. Zyklus aus.

Die Anordnung des magnetischen Pole innerhalb einer bipolaren Region folgt dabei oft einer Art Faustregel: Tritt die bipolare Region in der Nähe des Sonnenäquators auf, liegen ihre magnetischen Pole meist in Richtung der Sonnenrotation nebeneinander. Mit zunehmendem Abstand vom Äquator sind sie immer weiter gegeneinander verschoben. Oberflächennahe Plasmaströme transportieren in den Folgejahren bevorzugt die weiter vom Äquator gelegenen Teile dieser Magnetfelder nach und nach zum Nord- beziehungsweise Südpol der Sonne.

Auf diese Weise bauen die bipolaren Regionen den Stabmagnet-Anteil des Sonnenmagnetfeldes auf, welcher für die Heftigkeit des folgenden solaren Maximums ausschlaggebend ist. „Das Rätsel war, warum das Stabmagnetfeld der Sonne sich vor dem aktuellen 24. Sonnenzyklus so ungewöhnlich schwach zeigte“, erklärt Jie Jiang von der Chinesischen Akademie der Wissenschaften, Erstautorin der neuen Studie. „Nach der Faustregel für die Verschiebung der bipolaren Regionen hätte es vier Mal stärker sein müssen“, so die Astrophysikerin.

Zwar zeigen die Messdaten, dass auch im 23. Sonnenzyklus die bipolaren Regionen weitgehend der Faustregel folgten. Entscheidend für das Resultat waren jedoch einige untypische Exemplare, die „verkehrt herum“ gepolt waren und so den Stabmagnet-Anteil des Sonnenmagnetfeldes abschwächten. „Treten solche Ausreißer - wie im Sonnenzyklus 24 mehrfach geschehen - in Äquatornähe auf, hat dies einen besonders großen Effekt“, beschreibt Robert Cameron vom MPS, Mitautor der Studie, das Ergebnis der Rechnungen. Als Folge war das Magnetfeld der Sonne im Aktivitätsminimum um 2009 vergleichsweise schwach – und das folgende Aktivitätsmaximum entsprechend zahm.

Da die bipolaren Regionen durch turbulente Plasmaströmungen im Innern der Sonne entstehen, lässt sich weder ihr Auftreten, noch die genaue Anordnung ihrer magnetischen Pole exakt vorhersagen. Dies macht es unmöglich, die Stärke eines Sonnenzyklus mehr als einige Jahre im Voraus zu bestimmen. Die Sonne bleibt also ein geheimnisvoller und eigenwilliger Stern.