09. Jänner 2020 | 09:16 Uhr
Waldbrände in Australien
Ist der Ausnahmezustand bald die Normalität?
Zunahme extremer Dürren - Hohe Gefährlichkeit durch Zusammenspiel mehrerer Faktoren.
Extreme Waldbrände wie in diesem Sommer könnten für Australien zur traurigen Normalität werden. "Australien ist schon lange der Feuerkontinent schlechthin und die Wälder brennen in der betroffenen Gegend regelmäßig", erklärte Kirsten Thonicke vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK).
Mit der Zunahme extremer Dürren im Zuge des Klimawandels steige aber das Risiko für gewaltige Brände wie derzeit mit 50, 60 Meter hohen, rasend schnell um sich greifenden Feuerwalzen. Einer Analyse australischer Forscher zufolge habe es in der Region in vorindustrieller Zeit etwa einmal in 500 Jahren eine extreme Dürre gegeben, erklärte Thonicke. Inzwischen, mit einem Grad mittlerer Erdtemperatur mehr, passiere das etwa alle 50 Jahre. "Mit der weiteren Erwärmung wird die Häufigkeit wahrscheinlich weiter zunehmen", so Thonicke. "Das Pendel schwingt immer weiter aus, es gibt immer neue Rekorde bei Temperatur, Trockenheit, Hitzewellen-Dauer, Niederschlagsdefizit."
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Extreme Situation
Auch für den Klimawandel-Forscher Marc Howden von der Australischen Nationaluniversität stellen die diesjährigen Brände ein extreme Situation dar: "Was wir in dieser Brand-Saison sehen, sind außergewöhnliche Feuer in Bezug auf die Anzahl, die betroffene Fläche und den sehr frühen Beginn." Die Brände hätten bereits jetzt enorme Auswirkungen auf die Menschen, die Infrastruktur und die Umwelt.
In diesem Sommer kamen in Australien mehrere Faktoren zusammen: extrem hohe Temperaturen von bis zu 49,9 Grad und große Trockenheit durch fehlenden Niederschlag bereits seit dem Frühjahr. Eine Ursache dafür ist eine natürlich vorkommende Schwankung im Indischen Ozean, der Indische-Ozean-Dipol. Er sorgte dafür, dass vor allem im Zentrum und Südosten Australiens im Winter und Frühling weniger Regen fiel.
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Kleine Atempause
Etwas Regen und Temperaturen um 23 Grad bescherten den Feuerwehrleuten jüngst zwar eine kleine Atempause. Doch der Kampf gegen die Flammen ist noch lange nicht vorbei. Aus dem heißen Inneren des Kontinents strömten starke Winde mit hoher Geschwindigkeit Richtung Küste, erklärte PIK-Expertin Thonicke. Das habe eine rasante Ausbreitung der Feuer zur Folge. "Waldbrände können sich mehrere Kilometer pro Stunde schnell voranfressen, in extremen Fällen sind auch 30 bis 40 Kilometer pro Stunde möglich."
Und ein weiterer Faktor trägt dazu bei, dass in Australien so rasch immer neue Brände entstehen und sich rasant ausbreiten: Die für Australien typischen Eukalyptus-Bäume enthalten große Mengen ätherische Öle und Wachse. "Holz brennt erst bei etwa 300 Grad, die leicht flüchtigen Öle und Wachse schon bei wesentlich niedrigeren Temperaturen", sagt Thonicke. "Sie wirken als Brandbeschleuniger, oft explodieren die Bäume regelrecht." Brennende Teile würden dabei hoch in die Luft geschleudert und vom Wind bis zu zehn Kilometer und mehr weit getragen - dort entstünden dann neue Brände.
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Zudem begünstigt die immense Intensität der Feuer ein seltenes Phänomen: sogenannte Pyrocumolonimbus-Wolken, auch Feuerwolken genannt. Aufsteigende Luft reißt Asche- und Rußpartikel mit nach oben. In großer Höhe bilden sich Wolken - mit Wind und Regen, vor allem aber neue Brände entfachenden Blitzen als Folge.
So leblos und schwarz der Wald nach dem Durchzug einer Feuerwalze aber auch wirken mag: Eukalyptus-Bäume sind an regelmäßige Feuer angepasst. "Sie treiben einfach wieder aus, bei manchen Arten wachsen sogar Blätter direkt aus der verkohlten Krone, als wäre nichts gewesen", sagte Thonicke. Auch für den Menschen seien langfristig betrachtet weniger die Brände das Problem. "Auch wenn jetzt akut Millionen von schlechter Atemluft und dem Verlust von Hab und Gut betroffen sind - langfristig sind die immer stärker werdenden Hitzewellen das Problem."
Zwar ist Australien an Hitze gewöhnt, aber deren Ausmaß wird massiv steigen. "Einerseits muss die Infrastruktur daran angepasst werden, andererseits muss die Regierung klimapolitisch umsteuern - weg von der Kohle zum Beispiel." Bei den Bränden kamen bisher 26 Menschen ums Leben. Nach der jüngsten Schätzung eines Wissenschafters sind auch mindestens eine Milliarde Tiere gestorben. Die Angaben beziehen sich auf Reptilien, Vögel und Säugetiere - ausgenommen Fledermäuse. Seit Beginn der großen Feuer brannten etwa 110.000 Quadratkilometer Land nieder.