13. August 2015 | 11:29 Uhr

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Russland

Bajkalsee: Forscher warnen vor Staudamm

Mongolei plant am Selenga-Fluss einen Staudamm zu bauen.

Umweltschützer sehen den Baikalsee in Sibirien in großer Gefahr. Industrie, Tourismus und Waldbrände machen derzeit der weltweit einzigartigen Tier- und Pflanzenwelt zu schaffen. Doch die größte Gefahr, so warnen Wissenschafter, droht dem Unesco-Welterbe von anderer Seite.

Wasserstand niedrig
Die Szenerie: Weit über die Wasserfläche des Baikalsees ziehen sich Rauchwolken und der beißender Geruch der Waldbrände in diesem Sommer in Sibirien. Noch nie, sagen Umweltschützer, habe es solche Feuer in den Wäldern um das malerische Gebirgsufer des weltgrößten Süßwasser-Reservoirs gegeben wie in diesem Jahr. Experten sehen das Welterbe der Unesco inzwischen von vielen Gefahren bedroht. "Wildes Campen und Lagerfeuer, Müllplätze überall, fehlende Kanalisation und ein niedriger Wasserstand machen dem Baikal zu schaffen", sagte der Direktor des geografischen Instituts in Irkutsk, Igor Wladimirow.

Der Experte der russischen Akademie der Wissenschaften sieht das weltweit einzigartige Ökosystem einem beispiellosen Stresstest ausgesetzt. Wenige Monate ist es her, dass es alarmierende Meldungen über einen historisch niedrigen Wasserspiegel gab. Wladimirow sieht den Grund für das niedrige Niveau vor allem in den geringen Niederschlägen. Jetzt steige der Wasserstand zwar wieder, sagt der Forscher. Aber die Gefahr ist nicht gebannt.

Experten beklagen eine Tendenz, an den Zu- und Abflüssen des Sees Stauseen zu bauen, um aus der Wasserkraft Energie zu gewinnen. Mit Sorge betrachten auch ausländische Wissenschafter vor allem die Pläne des Nachbarlandes Mongolei, am Selenga-Fluss - er gilt als wichtigste Lebensader des Sees - einen Staudamm zu bauen.

Dieses Shuren-Projekt lasse in seiner Bedrohung für den See alle anderen Stressfaktoren zusammen verblassen, warnt die Biologin und Baikal-Forscherin Marianne Moore vom Wellesley College (US-Bundesstaat Massachusetts). Sie sieht die Gefahr, dass die Wasserbalance des international bedeutsamen Feuchtgebiets im Delta des Selenga-Flusses zerstört werden könnte. Dort finden Fische und Vögel wichtige Futtergründe.

Appell an Weltbank
Moore forderte deshalb die Weltbank in einem Brief auf, das Shuren-Projekt abzulehnen. Die Mongolei solle vielmehr dabei unterstützt werden, alternative Energien wie Wind- und Sonnenkraft zu nutzen. Ihr Kollege Anson Mackay vom Environmental Change Research Centre in London betonte, dass der Selenga-Fluss den Baikalsee bis in seine Tiefen mit wichtigem Sauerstoff versorge.

Zudem transportiere der Fluss wichtige Mineralien und andere Nährstoffe in den See. Dieser Prozess sei nicht nur für Fische, sondern etwa auch für die einzigartige Baikalrobbe lebensnotwendig, mahnt der Umweltforscher Mackay. Die Experten wiesen auch die Forderung der mongolischen Führung zurück, die möglichen Auswirkungen des Staudammprojekts auf das Ökosystem eingehend zu untersuchen. Für die Wissenschafter liegen die Gefahren für den Baikalsee nämlich längst auf der Hand. Es bedürfe keiner weiteren Studien. Die Umweltorganisation Baikalskaja Ekologitscheskaja Wolna - oder kurz "Baikalwelle" - rüstet in Irkutsk für einen Kampf gegen das Vorhaben. Jahrelang habe die Organisation gegen die Papier- und Zellulosefabrik am Ufer des Sees gekämpft, bis sie endlich geschlossen wurde, sagt Maxim Woronzow. Nun konzentriere sich die "Baikalwelle" verstärkt auf die mongolischen Pläne.

Wegen seiner einzigartigen Pflanzen- und Tierwelt gehört der Baikalsee seit 1996 zum Welterbe der Unesco. Er ist mit einem Alter von mehr als 25 Millionen Jahren der älteste und mit mehr als 1.600 Metern der tiefste See der Erde. Mit einem Volumen von mehr als 23.000 Kubikkilometern ist er zugleich das größte Süßwasserreservoir der Erde. Mehr als ein Fünftel der weltweiten Vorräte befinden sich in dem Becken im Süden Sibiriens. Der von spektakulären Gebirgszügen und Wäldern umgebene See mit seinem eiskalten Wasser ist auch Lebensraum der Baikalrobbe, der einzigen im Süßwasser lebenden Robbenart. Viele der mehr als 1.340 Tier- sowie über 570 Pflanzenarten sind vom Aussterben bedroht.