24. August 2018 | 23:47 Uhr

Mure © APA/EXPA/DOMINIK ANGERER

Sturzflut und Muren

Unwetter-Katastrophe nach Hitze

Heftige Unwetter sorgten sogar für Zivilalarm. Viele Urlauber saßen am Freitag fest. 

Donnerstagabend kurz vor Sonnenuntergang: Weltuntergang im Salzburger Glemmtal. Ein heftiges Gewitter geht nieder, in der Nacht wird das Ausmaß der Katastrophe spürbar. Die Saalach kann die Wassermassen nicht mehr halten, tritt über die Ufer – eine Sturzflut löst Zivilalarm in Saalbach-Hinterglemm, Viehhofen und Maishofen aus. Rund 250 Menschen sind von der Außenwelt abgeschnitten, die Zufahrt zum Tal ist ab Maishofen gesperrt.

Am schlimmsten trifft es das hintere Tal: Zwischen der Talstation der Hochalmbahn in Hinterglemm und Lengau wurde auf mehr als hundert Metern die halbe Straße weggerissen. Erst am Freitag gegen 15 Uhr wurde die zerstörte Straße talauswärts für eine halbe Stunde geöffnet – vor allem Urlauber konnten dem Tal so entfliehen. Gegen 19 Uhr sollte die Zufahrt in der Gegenrichtung für etwa 30 Minuten möglich gewesen sein.

Insgesamt standen in Salzburg 13 Feuerwehren mit rund 460 Feuerwehrleuten im Einsatz. Rund um die Stadt Salzburg gingen ebenfalls schwere Gewitter nieder, auch Saalfelden, Leogang, Wals-Siezenheim, Bergheim und Schleedorf waren stark betroffen. In Golling im Tennengau und in Großarl (Pongau) kam es nach Blitzschlägen zu Waldbränden.

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Blitz in Starkstromleitung: Riesige Fläche brannte

Besonders wild ging es dabei in Golling zu: Der Blitz schlug direkt in den Mast einer 30-kV-Starkstromleitung ein. „Die Kabel sind bis zum Boden heruntergehangen und haben eine etwa 50 mal 50 Meter große Fläche entzündet“, erzählte Peter Schluet, Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr im Ort. Kurz vor Mitternacht konnte das Feuer gelöscht werden.

Chaos und Zerstörung auch im Osten Österreichs. In Hochstraß und Piringsdorf (Burgenland) gab es weitere 60 Feuerwehreinsätze. Etliche Straßen wurden nach Starkregen überflutet, auch im Wechselgebiet (NÖ). Die Steiermark wurde auch diesmal nicht verschont: In Kapfenberg fuhr ein Blitz in ein Gebäude. In der gesamten Oststeiermark blieben nach den Gewittern 7.000 Haushalte ohne Strom.

Überschwemmung © APA/EXPA/DOMINIK ANGERER

Vorschau. „Freitagabend kommt eine Kaltfront, die Gewittergefahr ist gebannt“, gibt Zamg-Meteorologe Michael Butschek gegenüber ÖSTERREICH Entwarnung. Das Sinken der Schneefallgrenze sollte außerdem die Hochwassergefahr entschärfen, so Butschek weiter.

Wettersturz: Jetzt kommt sogar Schnee

Ab Samstag wird es kalt in Österreich, am Wochenende kann es vor allem im Westen bis auf 1.500 Meter herab schneien. Bis zu 40 Zentimeter könnten es stellenweise in Osttirol werden. Auch in den Bergen um Schladming können bis zu 10 Zentimeter fallen – das Mega-Konzert von Andreas Gabalier könnte also ungemütlich werden. „Dieser Wettersturz leitet den Herbst ein“, erklärte Zamg-Meteorologin Susi Lentner in Kärnten gegenüber ÖSTERREICH.

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Starker Regen, aber keine heftigen Gewitter mehr

Unwetter. Immerhin: Das Wetter sollte ungefährlicher werden. „Am Freitagabend kommt die Kaltfront, die Gewittergefahr ist gebannt“, so der Salzburger Meteorologe Michael Butschek. „Starkregen“ und „ergiebiger Landregen“ seien aber gut möglich. „Es ist nicht ganz unkritisch, aber großflächige Auswirkungen muss man nicht erwarten“, beruhigt er vorsichtig.

15 Grad kühler. Vor allem heute kann es in ganz Österreich regnen, morgen lockert es im Laufe des Tages von Westen her auf. Aber es ist deutlich kühler als zuletzt: Weit über 20 Grad wird das Thermometer am Wochenende nicht klettern. Ab Mittwoch könnte aber der „30er“ wieder geknackt werden.

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"Millionen Liter Wasser auf wenigen Quadratkilometern"

Zamg-Experte Thomas Wostal erklärt: 

ÖSTERREICH: Warum sind Gewitter oft so verheerend?

Thomas Wostal: Ein Gewitter ist nur wenige Kilometer breit. Aber im Turm, der bis in etwa 12 Kilometer Höhe geht, sind Millionen Liter Wasser, die dann auf wenigen Quadratkilometern runterkommen.

ÖSTERREICH: Und warum schlagen sie manchmal auf so kleinem Raum zu?

Wostal: In windschwachen Lagen verlagert sich wenig, das Gewitter ist, so wie gestern, stationär.

ÖSTERREICH: Was ist daran besonders gefährlich?

Wostal: Wenn ein Gewitter zieht, verteilt sich die Regenmenge. Wenn es steht, schüttet es eine Region völlig zu. Wenn es dann in einem Tal auf beide Hangseiten regnet, rinnt in der Mitte alles zusammen und es wird gefährlich. Wenn das Gewitter über dem Bergkamm steht und links und rechts davon abgeht, halbiert sich die Wassermenge und die Gefahr sinkt.

ÖSTERREICH: Sind heftige, stationäre Gewitter ein normales Phänomen?

Wostal: Das kennt jeder vom Autofahren. Plötzlich schüttet es wie aus Schaffeln und nach wenigen Kilometern ist es wieder vorbei.

ÖSTERREICH: Ist das auch normal für die Jahreszeit?

Wostal: Juli und August sind die regenreichsten Monate in Österreich. Wenn es regnet, dann sehr viel. Je wärmer die Luft ist, desto mehr Wasser kann sie aufnehmen. Im Februar wäre das aufgrund der Temperatur gar nicht möglich.