17. August 2022 | 06:43 Uhr

Schlimmste Dürre seit 500 Jahren

Trockenheit: So dramatisch ist die Lage in Österreich

Im Seewinkel droht die letzte Lacke zu verlanden, auch die Donau in Niederösterreich führt deutlich weniger Wasser  

Die anhaltende Trockenheit setzt den Neusiedler See und den Seewinkel weiter unter Druck. In den nächsten Tagen droht die letzte noch wasserführende Lacke - die Darscho-Lacke bei Apetlon - komplett auszutrocknen, erklärte Christian Sailer, Leiter des Hauptreferats Wasserwirtschaft beim Land Burgenland, am Dienstag gegenüber der APA.

 Der Neusiedler See hatte am Dienstag einen Pegel von 114,94 Meter über Adria. Das bedeutet weiterhin einen historischen Tiefststand, denn auch die geringen Niederschläge am Montag brachten keine Entspannung der Situation. Im Gegenteil, die für die kommenden Tage prognostizierte Hitze dürfte der Tierwelt im See weiter zusetzen. Vor allem die temperaturempfindlichen Fische Zander und Sichling könnten wieder darunter leiden, so Sailer.

Neusiedler See © FOTO: APA/NINA KORNBERGER Neusiedler See, Burgenland. Seeboden: Rind grast, wo früher Wasser war.

Neusiedler See © FOTO: APA/NINA KORNBERGER Neusiedler See, Burgenland. "Meer der Wiener": Nebenarm des Neusiedler Sees völlig trocken. 

Um die Tiere noch zu retten, wurde die künstlich dotierte Darscho-Lacke bereits abgefischt, erklärte er. Die letzte noch wasserführende Lacke war vor allem für die Vogelwelt wichtig. Schon verlandet ist der Zicksee, tonnenweise wurden Mitte Juli noch Fische rausgeholt, etliche waren aber bereits gestorben.

Zurückgegangen ist der Pegel auch beim Neufelder See (Bezirk Eisenstadt Umgebung), dieser weist für die Jahreszeit einen Mindeststand aus, nicht jedoch seinen geringsten Wasserstand. Der Pegel fiel seit Mitte Juni, ist laut Sailer, was die Wasserqualität betrifft, aber noch nicht beunruhigend.

Den Neusiedler See will das Burgenland in den nächsten Jahren mit Wasser aus der ungarischen Moson-Donau füllen - trotz der Kritik von Naturschützern. Für September wurde dazu ein Runder Tisch angekündigt. Vergangene Woche wurde eine positive Bilanz über das Absaugen von Schlamm in der Ruster Bucht gezogen, damit wurde die Fahrrinne wieder freigelegt. Touristiker und Bürgermeister der Seegemeinden betonen, dass Wassersport am Neusiedler See weiterhin möglich ist.

Donau in Niederösterreich führt deutlich weniger Wasser  

Die Donau in Niederösterreich führt nach Angaben aus der Abteilung Wasserwirtschaft beim Amt der NÖ Landesregierung aktuell "deutlich weniger Wasser" als vor einem Jahr. Nach Mittelwasser im Sommer 2021 liege man jetzt unterhalb von Regulierungsniederwasser, sagte der stellvertretende Abteilungsleiter Günther Konheisner zur APA. Das gelte für die Messstation in Kienstock in der Wachau ebenso wie für jene in Wildungsmauer im Bezirk Bruck a.d. Leitha.

Donau.jpg © APA/HELMUT FOHRINGER  Niedrigwassersituation am Donaualtarm von Altenwörth  

Flüsse im Bundesland wie Ybbs, Kamp oder Schmida wiederum lägen nach Mittelwasser vor einem Jahr nun ein wenig darunter, so Konheisner. Sie würden demnach "ein sehr ähnliches Bild" abgeben.

Trasien.jpg © APA/HELMUT FOHRINGER  Niedrigwassersituation der Traisen in der Nähe von Herzogenburg

Grafenwörth.jpg © APA/HELMUT FOHRINGER

Der Lunzer See sei um etwa zehn Zentimeter niedriger als im Sommer 2021. Nach fünf Zentimeter über seien es nun fünf Zentimeter unter Mittelwasser.

Regionale Austrocknungen in Oberösterreich 

 In Oberösterreich hat sich die lange Trockenperiode in den Wasserständen von Flüssen und Seen bemerkbar gemacht. Im Mattiggebiet im westlichen Innviertel gebe es Austrocknungen, Wolfgangsee, Attersee und Mondsee gingen zurück. Die Lage sei noch nicht dramatisch, müsse aber genau beobachtet werden, sagte der Leiter des Sachgebiets Oberflächenwasser des hydrografischen Dienstes des Landes, Reinhard Enzenebner, der APA am Dienstag.

Bei der Mattig und ihren Zubringerbächen gebe es Austrocknungen "aufgrund des ausbleibenden Niederschlags und des sickerfähigen Bodens", erklärte Enzenebner. Auch in Oberläufen da und dort könne es zu Austrocknungen kommen, vor allem im karstigen Gebiet des südlichen Berglands. Generell lägen die Stände zwischen Mittel- und Niedrigwasser, mit Tendenz Richtung Niedrigwasser. Die Wasserstände von Inn und Salzach seien normal.

Erste Probleme für Schifffahrt in Salzburg 

Die geringen Niederschläge machen sich auch in Salzburg bemerkbar. Die Situation an den Flüssen und Seen sei zwar noch nicht dramatisch, doch auch im Bundesland würden die Pegelstände sinken, hieß es am Dienstag vom Hydrografischen Dienst des Landes. Bemerkbar ist dabei ein Nord-Süd-Gefälle. Der Flachgau mit seinen großen Seen ist stärker betroffen als die Gebirgsregion. Am Wolfgangsee etwa klagen Bootsbesitzer und Betreiber von Fährschiffen über erste Probleme.

"Auch die Pegel aller Flüsse im Flachgau liegen zum Teil deutlich unter dem langjährigen Mittel. Aber das ist nicht außergewöhnlich", sagte Hans Wiesenegger vom Hydrografischen Dienst zur APA. Wie sich die Lage weiter entwickelt, könne er nur schwer sagen. Er gehe aber davon aus, dass sich die Situation nicht schlagartig verbessen werde. Von extremen Werten sei man im Bundesland allerdings noch entfernt.

Bodensee und Vorarlbergs Flüsse sehnen sich nach Wasser 

Große Trockenheit und anhaltend hohe Temperaturen halten Bodensee und die Vorarlberger Flüsse weiter auf sehr niedrigem Stand. Regen am Montagabend sorgte kurzfristig für Stabilisierung, nicht aber für nachhaltige Entspannung. Mit 308 Zentimeter lag der Bodensee-Pegel am Dienstag noch elf Zentimeter höher als beim bisherigen Tiefststand an einem 16. August. Die Flüsse führen durchwegs Niederwasser, und auch die Grundwasserpegel bleiben unter dem Mittelwert zurück.

Bodensee © APA/dpa/Felix Kästle

Der aktuelle Pegelstand des Bodensees entspricht normalerweise dem Niveau, das Ende Oktober erreicht wird. Im langjährigen Durchschnitt steht der Bodensee-Pegel am 16. August bei 402 Zentimeter - also um 95 Zentimeter höher als aktuell. Zum Vergleich: Vor genau einem Jahr erreichte der Pegel den Wert von 455 Zentimeter, das Allzeit-Hoch liegt bei 506 Zentimeter. Damit der Bodensee um nur einen Zentimeter steigt, braucht es 5,4 Millionen Kubikmeter Wasser.