19. Mai 2014 | 11:05 Uhr

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Nach Hochwasser

Jetzt droht eine Gelsenplage

Tümpel müssten rasch beseitigt werden, ansonsten vermehren sich die Gelsen explosionsartig.

Bisher gab es in diesem Jahr ungewöhnlich wenige Gelsen, das könnte sich aber durch die aktuellen Niederschläge und Überschwemmungen rasch ändern, sagte der Stechmücken-Experte Peter Hufnagl von der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) in Wien gegenüber der APA. Denn in etwa zwei Wochen würden in den entstandenen Tümpeln massenhaft "Überschwemmungsgelsen" heranwachsen.

So bezeichnet man Stechmücken-Arten, die ihre Brut in Hochwassergebieten auslegen, wo die Gelege lange Zeit auf Wasser warten können. Nach Überschwemmung entwickeln sich dann "explosionsartig" ausgewachsene Gelsen. Dies könnte nun auch in den Gebieten passieren, wo Gebiete unter Wasser stehen. "Beseitigt man diese Wasserflächen aber innerhalb von zwei Wochen, kann man die Gelsenplage relativ gut reduzieren", sagte er.

Von den normalerweise viel häufigeren, sogenannten "Haus-Gelsen" wie der "Gemeinen Stechmücke" (Culex pipiens) blieb man in Österreich heuer bisher weitgehend verschont, berichtete Hufnagl, der am Institut für klinische Mikrobiologie und Hygiene der AGES forscht. Sie schwirrten wegen der niedrigen Temperaturen erst vereinzelte in Oberösterreich, Niederösterreich und Wien herum, berichtete er.

Um das Vorkommen der Gelsen zu beobachten sammeln die Forscher der AGES jährlich tausende Stechmücken an verschiedenen Standorten, etwa entlang der Donau, March, Mur und Drau, sowie am Neusiedler See und den Seen Westösterreichs. Sie fangen sie mit Fallen, bei denen CO2 oder andere Lockstoffe die Gelsen anziehen und ein Ventilator sie in ein Netz saugt, oder händisch, erklärte Hufnagl. Dann werden die Stechmücken klassifiziert und mit molekularbiologischen Methoden nach Krankheitserregen von Mensch und Tier untersucht.

Im Zuge dieses österreichweiten "Gelsenmonitorings" habe man das West Nil Virus, einen Krankheitserreger, der bis vor kurzem nur in Afrika, Teilen Asiens und Südeuropa vorkam, vereinzelt auch schon in Österreich nachgewiesen, so Hufnagl. Das Programm wurde 2011 unter anderem deshalb gestartet, weil davor immer wieder verendete Vögeln mit dem Virus gefunden worden sind, erklärte er.

Noch im selben Jahr fand man das West Nil Virus bei einer Gemeinen Stechmücke in Niederösterreich und 2012 in Burgenland beim Neusiedlersee, berichtete die AGES. Die Gefahr, in Österreich mit dem West Nil Virus angesteckt zu werden, sei zwar immer noch sehr gering, doch eine weitere Ausbreitung des Erregers wäre möglich.

Eine Infektion beim Menschen verläuft in den meisten Fällen (80 Prozent) ohne Krankheitszeichen, manchmal (20 Prozent) leiden die Betroffenen an grippeähnlichen Symptome wie Schwindel, Erbrechen und Lymphknotenschwellungen. Selten (bei weniger als ein Prozent) können Hirn und Hirnhaut entzündet sein, solche Fälle verlaufen manchmal tödlich, wie 2013 bei 25 Menschen in Serbien.

Es gibt in Österreich aber nicht nur neue Erreger in einheimischen Gelsen, sondern man habe auch bisher hier nicht vorkommende Stechmücken gefunden, etwa den "Japanischen Felstümpel Moskito" (Aedes japonicus), der sich bereits im Südosten des Landes etabliert hat, und die "Asiatische Tigermücke" (Aedes albopictus), so Hufnagl. "Die neuen, invasiven Gelsenarten sind teilweise tagaktiv und werden unsere einheimischen, abend- und nachtaktiven Arten in unangenehmer Weise ergänzen", meint er.

Eingeschleppt werden sie etwa als Larven auf Transportwegen mit Pflanzen und in alten Reifen, oder durch den weltweiten Tourismus als erwachsene Stechmücken in Autos, Bussen und Zügen, erklärte Hufnagl. Durch die wegen der Klimaentwicklung milderen Winter könnten auch wärmeliebende Arten aus dem Süden hierzulande überleben.