22. September 2014 | 21:00 Uhr

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Mildes Klima

Älteste Menschheits-Spuren in der Wachau

Bereits vor 43.500 Jahren wurde die Wachau besiedelt, viel früher als bisher angenommen.

Der erste moderne Mensch war offenbar Wachauer! Zumindest fanden österreichische Archäologen mit Kollegen anhand von Ausgrabungsfunden in Willendorf (Niederösterreich) über 43.000 Jahre alte Spuren der Menschheit auf dem Gebiet der heutigen Wachau. Das ist ein paar Tausend Jahre früher als bisher angenommen. Damals gab es in der Wachau Nadelwälder in einer Kaltsteppe und es war für eiszeitliche Verhältnisse recht mild, berichten sie weiters im Fachjournal "Pnas".

Diashow: Erste Menschheitsspuren in der Wachau

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Ausgrabungen in der Wachau
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Früher als angenommen war die Wachau besiedelt
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43.500 Jahre alte Relikte
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Die Venus ist "erst" 25.000 Jahre alt


Durch das frühe Auftauchen der modernen Menschen sei die Zeitspanne größer, in der sie sich den Kontinent mit den Neandertalern teilten, so Bence Viola, der die Arbeit am Department für Anthropologie der Universität Wien und dem Max-Planck-Institut für Anthropologie in Leipzig (Deutschland) durchgeführt hatte, im Gespräch mit der APA. "Wir wissen, dass sie sich vermischt haben, denn alle heutigen Menschen außerhalb Afrikas tragen eineinhalb bis drei Prozente Neandertaler-DNA."

Neandertaler verschwanden

Nach den neuen Daten hatten sie dafür mindestens 3.500 Jahre Zeit, denn die Neandertaler verschwanden nach dem derzeit aktuellen Wissen vor etwa 40.000 Jahren, erklärte der Anthropologe. Bis jetzt hatten verschiedene Wissenschafter die Ankunft der modernen Menschen frühestens auf 41.500 oder knapp vor 40.000 Jahren vor heute geschätzt.

Die Forscher haben bei Grabungen zwischen 2006 und 2011 an der Fundstelle Willendorf II für moderne Menschen charakteristische "Lamellen"-Werkzeuge in einer Bodenschicht gefunden, die sie als 43.500 Jahre alt identifizierten. An diesem Platz war 1908 auch die berühmte, allerdings viel jüngere, rund 25.000 Jahre alte "Venus von Willendorf"-Statuette entdeckt worden.

Lamellen sind kleine Steinartefakte, die bis zu einem Zentimeter breit und manchmal mehrere Zentimeter lang sind, und wahrscheinlich Teile von Jagdwaffen waren, so der Leiter der Studie, Philip Nigst, vom Department of Archeology and Anthropology der Universität Cambridge, gegenüber der APA. Die in Willendorf gefundenen Lamellen seien typisch für eine Epoche der jüngeren Altsteinzeit, dem sogenannten Aurignacien.

Schnecken als Indikatoren
Das damalige Klima und die Vegetation konnten die Forscher anhand unterschiedlicher Bodenanalysen herausfinden. Einerseits wurde der Bodentyp und die Bodenmorphologie charakterisiert, andererseits könne man auch durch die Zusammensetzung der Arten und Unterarten von Schnecken, deren Häuser in dieser Schicht vergraben sind, das Klima rekonstruieren, erklärte er. Dadurch habe man eine viel größere Genauigkeit erreicht, als nur mit Kohlenstoff(C14)-Datierungen, die mit bekannten Paläoklimadaten korreliert werden.

"Auf diese Art hätten wir nicht gewusst, in welcher von drei bis vier Warm- oder Kaltphasen der Eiszeit unser Fund liegt", sagte er. Erst die zusätzlichen Informationen würden den Zeitabschnitt so weit einengen, dass man sagen kann, die ersten modernen Menschen siedelten hier am Beginn einer warmen Phase innerhalb der Eiszeit, als hier eine Tundra-artige Steppe mit lichten Nadelwäldern war, so der Archäologe.