21. Juni 2012 | 06:52 Uhr

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"Rio+20"

100 zusätzliche Tote durch Hitze

ZAMG-Chef Michael Staudinger: Aber es gibt kaum Aufmerksamkeit dafür.

Eine Hitzewelle wie derzeit verursacht pro Tag 14 zusätzliche Tote in Österreich. "Das sind 100 Tote die Woche - würden so viele Menschen in einer Lawine sterben, wären TV-Teams aus aller Welt hier und würden fragen, wie man das verhindern kann", sagte der Chef der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) in Wien, Michael Staudinger. Doch die Hitzetoten würden kaum wahrgenommen, denn es seien meist alte, alleinstehende Menschen, die unbemerkt sterben. Aus diesem Grund gibt die ZAMG seit einiger Zeit nicht nur Unwetter-, sondern auch Hitzewarnungen heraus, die allerdings erst teilweise genutzt werden.

Früher und länger
Hitzeperioden werden künftig früher einsetzen und länger dauern, zeigen die Prognosen der ZAMG, die bei der Pressekonferenz des Wissenschaftsministeriums anlässlich des heute Mittwoch, beginnenden UNO-Gipfels zur nachhaltigen Entwicklung ("Rio+20")  als eines von zahlreichen Beispielen für Nachhaltigkeits- und Klimaforschung in Österreich vorgestellt wurden. Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle (V) verwies auf die "Vielfalt und Stärke" der österreichischen Forschungslandschaft in diesem Bereich, die mit dem schon lange vorhandenen ökologischen Bewusstsein in Österreich korrespondiere.

Nachhaltigkeitsforschung
Um den Austausch zum Thema Nachhaltigkeit im Internet und in sozialen Medien zu unterstützen, wurde von Wissenschaftsministerium und Nachhaltigkeitsforschern die Homepage http://www.openscience4sustainability.at ins Leben gerufen, die u.a. aktuelle Nachrichten rund um die "Rio+20"-Konferenz, Informationen zum Thema Nachhaltigkeit, Tipps, Veranstaltungshinweise und Links bietet. Das Ministerium ermöglicht es in diesem Sommer zudem 118 Jugendlichen, im Rahmen eines vierwöchigen bezahlten Praktikums gemeinsam mit Wissenschaftern im Bereich Nachhaltigkeitsforschung zu arbeiten.

Klimaforschung
Verena Winiwarter von der Universität Klagenfurt verwies auf den selbstorganisierten Zusammenschluss österreichischer Klimaforscher zum "Climate Change Centre Austria". Zudem ist für 2013 ein "Austrian Assessment Report" über den aktuellen Forschungsstand zum Klimawandel in Österreich geplant, analog zum Bericht des Weltklimarats IPCC. Dass man "als Blümchenzähler im Hochgebirge" wissenschaftlich überaus erfolgreich sein kann, zeigt der Ökologe Georg Grabherr, der in zahlreichen Publikationen in den angesehensten Wissenschaftsjournalen in den vergangenen Monaten die Auswirkungen des Klimawandels anhand der hochalpinen Vegetation zeigen konnte. "Drei Nature- und eine Science-Publikation in drei Monaten zeigen auch, wie wichtig gesicherte Daten zu dieser Frage sind", so Grabherr.

In der Praxis finden die wissenschaftlichen Daten und Erkenntnisse bisher aber offensichtlich nur bedingt einen Niederschlag. So verwies Staudinger auf Frankreich, wo nach der Hitzewelle 2003 mit mehr als 15.000 Toten ein eigener Notfallplan für Hitzewellen erarbeitet wurde. Bei entsprechender Warnung würden dort ältere bzw. pflegebedürftige Menschen, die in Wohnungen ohne Klimaanlage leben, von den Zivilschutzbehörden in kühlere Räumlichkeiten evakuiert, die Zahl der Hitzetoten habe so deutlich gesenkt werden können, so Staudinger. In Österreich würden die Hitzewarnungen derzeit nur in einem Pilotprojekt von der steirischen Zivilschutzbehörde und Landessanitätsdienst genutzt.