10. November 2021 | 10:07 Uhr

Zwei Bäume auf einer Wiese © Getty Images

Biowetter

Wie Wetterumschwünge uns beeinflussen

Rheumatiker*innen spüren es in den Knochen, Migräne-Patient*innen schmerzt der Kopf, andere leiden unter Müdigkeit und Antriebslosigkeit. Das Wetter kann mit seinen Temperatur- und Druckschwankungen beträchtliche Auswirkungen auf den menschlichen Körper haben.

  

Doch welche Wetterereignisse haben welche Effekte und wie wird dadurch unser physisches Wohlbefinden beeinträchtigt? Wir klären Sie über die Auswirkungen des Wetters auf unseren Körper auf!

Arten von Wetterreaktionen

Das Spektrum an Symptomen ist bei Wetterreaktionen breit gefächert. Manch eine(r) klagt über Glieder- und Kopfschmerzen, andere über mangelnde Konzentrationsfähigkeit und Gereiztheit. Bei sehr empfindlichen Menschen kann es sogar zu Schlaflosigkeit, Depression und generalisierter Lebensunlust kommen.

In solchen extremen Fällen, spricht man nicht mehr von Wetterfühligkeit, sondern Biotropie. Oftmals handelt es sich bei Betroffenen eher um ältere Personen und vermehrt um Frauen.

Das Wetter an sich kann kurzfristig keine Krankheiten auslösen, allerdings können bereits bestehende Gebrechen verschlimmert werden. Hier wird zwischen verschiedenen Schweregraden unterschieden:

  • Wetterreagierend ist grundsätzlich jede(r). Strahlendes Sommerwetter verhilft etwa im Durchschnitt zu besserer Laune als herbstlicher Nieselregen.
  • Wetterfühlig sind jene Menschen, deren vegetatives (nicht beeinflussbares) Nervensystem aufgrund einer geringeren Reizschwelle sehr sensibel auf Veränderungen des Luftdrucks oder der Temperatur reagiert. Dies äußert sich in Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Schlaf- und Konzentrationsstörungen sowie Antriebslosigkeit.
  • Der Begriff Wetterempfindlichkeit bezeichnet den Umstand, wenn Wetterveränderungen bestehende Gebrechen, wie etwa Rheuma, Arteriosklerose, Herz-Kreislauf-Beschwerden verschlimmern oder ehemalige Verletzungen, z.B. Knochenbrüche, wieder zu schmerzen beginnen.

Herzinfarkte, Thrombosen, Schlaganfälle

Ein plötzlicher Kälteeinbruch führt dazu, dass sich die Blutgefäße verengen, um weniger Wärme abzugeben und so den Körper am Auskühlen zu hindern.

Infolge steigt der Blutdruck und bereits vorhandene Blutgerinnsel können Gefäße leichter verschließen. Somit erhöht sich das Risiko für Herzinfarkte, Schlaganfälle und Thrombosen. Von einer Thrombose spricht man, wenn Blutgerinnsel in einer Vene oder Arterie den Fluss des Blutes zum Herzen behindern.

Fenster mit Eis © Getty Images

Die Folge sind Schmerzen und eine Schwellung im betroffenen Bereich. Ein solches Gerinnsel kann sich grundsätzlich in sämtlichen Blutgefäßen des Körpers bilden und unterschiedliche Konsequenzen mit sich bringen. In den Herzkranzgefäßen kann es etwa einen Infarkt auslösen, in den Hirnarterien einen Schlaganfall.

Bei einem Abfall der Temperatur um etwa drei Grad Celsius erhöht sich die Wahrscheinlichkeit einen Schlaganfall zu erleiden um circa elf Prozent, bei Risikopatient*innen kann sich diese sogar zum Teil vervierfachen. Besonders betroffen sind hier Menschen mit Arteriosklerose und Diabetiker*innen.

Asthma und COPD

Sowohl Hitze als auch Kälte können die Beschwerden von Asthmatiker*innen verschlimmern, sowie das Risiko für Anfälle erhöhen. Hitze kann sich überdies auch negativ auf die Gesundheit von Menschen mit COPD (chronic obstructive pulmonary disease) auswirken.

Im Gegensatz zu Asthamtiker*innen, bei denen die Atemnot eher anfallsartig eintritt, kämpfen COPD-Patient*innen bei Hitze mit dauerhaften Beschwerden. Infolge können sie die Atemfrequenz bei hohen Temperaturen häufig nicht steigern, weshalb die überschüssige Körperwärme nicht abgeatmet werden kann. Dies kann zu Überhitzung und weiterer Atemnot führen.

Eine besondere Gefahr stellt außerdem Dehydration durch die sommerliche Hitze dar, denn neben dem Herz-Kreislaufsystem leidet vor allem die Lunge unter einem Flüssigkeitsmangel. Sie wird infolge weniger durchblutet, wodurch die Entzündungsprozesse, die dem Krankheitsbild der COPD zugrunde liegen, sich verstärken.

Menschen mit Asthma leiden aus unterschiedlichsten Gründen im Sommer: Etwa durch hohe Ozonwerte. Das Ozon entsteht im Sommer in Bodennähe vermehrt aufgrund der hohen UV-Strahlung in einer Reaktion zwischen Sauerstoff und Stickstoffdioxid, letzteres wird in industriellen Prozessen oder von Verbrennungsmotoren freigesetzt. Stickoxide alleine wirken ebenfalls reizend auf die Lungen.

Frau mit Atembeschwerden © Getty Images

Des Weiteren können die Ozonwerte auch durch Gewitter steigen, zu denen es im Sommer bekanntlich häufig kommt. Bei der Entladung von Blitzen wird ebenfalls Ozon gebildet, das sodann die Atemwege reizen kann. Verminderter Niederschlag lässt außerdem die Erde austrocknen, wodurch mehr Staub in der Luft fliegt, was erneut zu mechanischen Reizungen des Atmungstraktes führt.

Im Frühling, Sommer und frühen Herbst leiden besonders Menschen mit allergischem Asthma unter vermehrtem Pollenflug. Hier empfiehlt es sich, im Vorhinein die Blütezeiten der jeweiligen Allergene zu recherchieren und Felder und Wälder eher zu meiden bzw. sich für Notfälle mit ausreichend Medikation einzudecken.

Herz-Kreislaufbeschwerden

Manche spüren den Wetterwechsel bereits ein bis zwei Tage im Voraus. Warum das so ist, konnte man noch nicht herausfinden, es wird allerdings vermutet, dass bereits zuvor auftretende Luftdruckschwankungen Rezeptoren an den Blutgefäßen reizen und so den Kreislauf beeinträchtigen. Besagte Schwankungen im Luftdruck nennt man auch „Schwerewellen“.

Diese entstehen, wenn Luftschichten miteinander in Reibung geraten, wobei sie sich unterschiedlich schnell und in verschieden Richtungen bewegen. Das führt zu Schwingungen der Luft, die sich mit Schallgeschwindigkeit fortpflanzen. Man theoretisiert, dass besagte Schwingungen mit Beschwerden des Herz-Kreislaufsystems in Zusammenhang stünden, allerdings kann die aktuelle Studienlage das (noch) nicht belegen.

Schwindelgefühl © Getty Images

Gelenksbeschwerden

In einer europaweiten Studie zu Gelenksschmerzen gaben mehr als zwei Drittel der Teilnehmer*innen an, ihre Beschwerden würden durch Wetterumschwünge beeinflusst. Betroffene von Arthritis, Arthrose oder Menschen mit alten Verletzungen an Knochen und Gelenken erklärten bereits vor Eintreten der Wetterveränderung Symptome zu haben.

Arthrose und Arthritis werden häufig verwechselt: Arthrose entsteht durch einen Abbauprozess des Gelenkknorpels während es ich bei Arthritis um Entzündungen im Gelenk handelt, die durch die körpereigene Immunabwehr ausgelöst werden.

Gelenkschmerzen © Getty Images

Besonders Föhn und Regen wirken sich negativ aus. In Bezug auf die Rheumatoide Arthritis stimmt die Volksmeinung kalt und nass sei schlecht, warm und trocken dagegen gut nur bedingt. Wirklichen Einfluss auf die Beschwerden bei RA hat die Luftfeuchtigkeit in direkter Nähe zur Haut, sie wirkt sich negativ auf die Krankheitssymptome aus.

Eine hohe Temperatur der Umgebungsluft kann also nachteilig sein, da diese eine höhere Kapazität aufweist Wasser zu binden. Andererseits kann leichtere Kleidung getragen werden, wodurch Feuchtigkeit auf der Haut schneller verdunstet oder aber durch eine Klimaanlage reduziert werden kann.

Wetter beeinflusst demnach nicht unsere Stimmung und das aktuelle Wohlbefinden, sondern hat auch Einfluss auf chronische Erkrankungen und Beschwerden.