21. Juli 2021 | 11:17 Uhr
Hochwasser in Deutschland
Todesflut: Wenig Hoffnung auf Rettung Überlebender
Die Zahl der Todesopfer ist mittlerweile bereits auf 170 gestiegen
Knapp eine Woche nach den Überschwemmungen im Westen Deutschlands sieht die Vizepräsidentin des Technischen Hilfswerks (THW), Sabine Lackner, kaum Chancen, noch Überlebende zu finden. Die Zahl der Todesopfer ist innerhalb knapp einer Woche bis Dienstag bereits auf 170 gestiegen. Die deutsche Bundesregierung hat unterdessen Soforthilfen beschlossen.
Der Bund will demnach zunächst bis zu 200 Millionen Euro verfügbar machen. Die Regierung geht davon aus, dass die Länder ebenfalls so viel Geld bereitstellen. Zudem schlägt der Bund Gespräche mit den Bundesländern über ein Absicherungssystem "für dieses, aber auch für künftige überregionale Schadensereignisse von erheblichem Ausmaß" vor.
"Wir suchen aktuell noch nach Vermissten, etwa beim Räumen der Wege oder Auspumpen der Keller", sagte Lackner dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). "Zu diesem Zeitpunkt ist es aber leider sehr wahrscheinlich, dass man Opfer nur noch bergen kann, nicht mehr retten." Aus Rheinland-Pfalz wurden bis dato 122 und aus Nordrhein-Westfalen 48 Unwetter-Tote bestätigt.
Noch zahlreiche Vermisste
Im besonders betroffenen Kreis Ahrweiler im Norden von Rheinland-Pfalz waren am Dienstag noch 155 Menschen vermisst. Rund 40.000 Menschen galten dort als betroffen von den Folgen des verheerenden Hochwassers und der Flut. Straßen, Bahngleise, Brücken, Mobilfunkmasten, Strom-, Gas- und Wasserleitungen sind vielerorts zerstört. Die Wassermassen haben nach Angaben der Deutschen Bahn allein sieben Regionalstrecken in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz so stark beschädigt, dass man sie neu bauen oder umfangreich sanieren muss. Gleise auf rund 600 Kilometern seien betroffen.
Sorgen bereitet die Versorgung von Patienten in den Katastrophengebieten. Manche Arztpraxen in Rheinland-Pfalz seien nicht mehr arbeitsfähig, hieß es am Dienstag - nicht von Hochwasser betroffene Praxen müssten Patienten in einer solchen Lage mitversorgen. Es sei zudem sinnvoll, wenn für chronisch Kranke und sonstige Patienten in Gemeinden und Stadtteilen provisorische "Not-Praxen" sowie "Not-Apotheken" aufgebaut würden.
Große Schäden gibt es auch in der Landwirtschaft - teils wurde Getreide von den Fluten umgewälzt. Andere Felder sind mit Wasser durchtränkt, so dass die schweren Mähdrescher nicht darauf fahren können und die Böden erst trocknen müssen. Eigentlich sollte die Getreideernte derzeit auf Hochtouren laufen. Mit Satellitenbildern solle bis gegen Ende der Woche ein erster Überblick gewonnen werden, sagte ein Sprecher der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen.
Die Mainzer Landesregierung hatte für Betroffene der Katastrophe in Rheinland-Pfalz am Dienstag Soforthilfen bis zu 3.500 Euro pro Haushalt beschlossen. Darüber hinaus seien auf dem Spendenkonto der Landesregierung mehr als 6,2 Millionen Euro an Privatspenden eingegangen. Am Dienstag hatte die deutsche Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zum zweiten Mal in wenigen Tagen die Hochwassergebiete besucht und den Betroffenen unbürokratische Soforthilfe zugesagt.
Nach dem Hochwasser von Donau und Inn hat die Stadt Passau unterdessen Entwarnung gegeben. Für die beiden Flüsse lägen keine Meldestufen mehr vor, die Pegel würden laut Prognose weiter zurückgehen, teilte die Stadt am Mittwoch mit. Alle Straßensperrungen seien aufgehoben.