16. Juli 2021 | 12:31 Uhr

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Jahrhundert-Hochwasser

Todes-Flut: Schon mehr als 100 Todesopfer

Es handelt sich damit um eine der größten Unwetterkatastrophen der deutschen Nachkriegszeit.  

Die Zahl Toten nach der Unwetterkatastrophe in Deutschland ist auf mehr als hundert gestiegen, militärischer Katastrophenalarm wurde zudem ausgelöst. In Rheinland-Pfalz stieg die Opferzahl auf mindestens 60, wie Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) in Mainz sagte. Die Landesregierung in Nordrhein-Westfalen gab die dortige Totenzahl zuvor mit 43 an. In Belgien stieg Zahl der Toten auf mindestens 15 an, über 100 Feuerwehrleute aus Österreich sind dort im Einsatz.

Das Verteidigungsministerium hat wegen der Unwetterkatastrophe im Westen Deutschlands einen militärischen Katastrophenalarm ausgelöst. Ministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) habe die Entscheidung getroffen, sagte ein Sprecher des Ministeriums am Freitag in Berlin. Es handelt sich um eine der größten Unwetterkatastrophen der Nachkriegszeit in Deutschland. Obwohl die Rettungsmaßnahmen noch voll im Gange waren, lag die Zahl der Toten bereits deutlich mehr als doppelt so hoch wie beim sogenannten Jahrhunderthochwasser des Jahres 2002, bei dem in Deutschland 21 Menschen starben. Wegen der Katastrophe sollen die Flaggen an öffentlichen Gebäuden in Rheinland-Pfalz am Freitag auf Halbmast hängen.

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Es gab zudem noch eine große Zahl vermisster Menschen. Aus Sicht der Polizei würden in Rheinland-Pfalz knapp unter 100 Menschen vermisst, sagte der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz (SPD) am Freitag im Deutschlandfunk. Der Kreis Ahrweiler hatte von 1.300 Vermissten im Kreisgebiet gesprochen. Eine Sprecherin erklärte das auch mit dem teilweise lahmgelegten Mobilfunknetz. Daher gebe es keinen Handy-Empfang; viele Menschen seien nicht erreichbar.

Verheerendes Hochwasser

Stundenlanger Starkregen hatte zu einem verheerenden Hochwasser geführt. Schwerpunkt der Katastrophe in Rheinland-Pfalz ist der Kreis Ahrweiler. Allein in dem 700 Einwohner zählenden Dorf Schuld an der Ahr wurden mehrere Häuser von den Wassermassen mitgerissen, zahlreiche weitere Gebäude teils schwer beschädigt.

In mehreren von Hochwasser betroffenen Orten sitzen nach wie vor Menschen in ihren Häusern fest. So seien im nordrhein-westfälischen Erftstadt südlich von Köln 15 Personen in dem gefährdeten Bereich noch in ihren Häusern eingeschlossen, sagte ein Sprecher des Rhein-Erft-Kreises. Dort seien 55 Menschen aus von den Fluten betroffenen Häusern gerettet worden. In einem Ortsteil Erftstadts waren mehrere Häuser im Hochwasser eingestürzt. Über Todesfälle ist bisher nichts bekannt.

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Nach Angaben des Bundesamtes für Bevölkerung und Katastrophenschutz (BBK) in Bonn sind in Nordrhein-Westfalen 23 Städte und Landkreise von Überschwemmungen betroffen. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel versprach den Betroffenen Hilfen. Sie sprach in Washington von einer "Tragödie".

Aufwendige Aufräumarbeiten

In Rheinland-Pfalz wurden die Aufräum- und Bergungsarbeiten am Morgen fortgesetzt. Auch Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr sind zur Unterstützung in die Hochwasserregionen gekommen. Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) nannte die Lage am Freitag "nach wie vor dramatisch", die Zahl der Toten steige weiter. Die deutsche Bundeswehr hat zur Unterstützung inzwischen rund 900 Soldaten in die Katastrophengebiete geschickt.

Ebenfalls mit Hochwasser zu kämpfen haben Nachbarländer Deutschlands. In Österreich machte der Starkregen in Vorarlberg in der Nacht auf Freitag mehr als 50 Feuerwehr-Einsätze notwendig. Hauptsächlich galt es unter Wasser stehende Keller auszupumpen. Fast ausschließlich betroffen war der vordere Bregenzerwald, wo innerhalb von 24 Stunden 80 oder mehr Liter Regen pro Quadratmeter fielen. Verletzt wurde niemand. In der Schweiz stiegen Flusspegel nach starken Regenfällen stark an.

Bei den heftigen Unwettern in Belgien sind Medienberichten zufolge mindestens 15 Menschen ums Leben gekommen. Das berichtete die belgische Tageszeitung "Le Soir" am Freitag unter Berufung auf die Behörden. Der öffentlich-rechtliche Rundfunksender hatte zuvor zwölf Tote und mindestens fünf Vermisste gemeldet. In Belgien stehen seit heute auch österreichische Kräfte im Einsatz: 103 Feuerwehrleute aus Niederösterreich sind noch Donnerstagabend mit 16 Fahrzeugen und 26 Booten aufgebrochen, nachdem ein entsprechendes Hilfsansuchen der dortigen Behörden über den EU-Katastrophenhilfemechanismus im Innenministerium eingelangt war.