27. Oktober 2016 | 06:20 Uhr
Stärke 6,1
Schwere Erdbeben erschüttern Italien
Einsatzkräfte verschaffen sich Überblick - Folgen weniger schwer als befürchtet.
Mit Sonnenaufgang wird den Einsatzkräften und Helfern am Morgen nach den schweren Erdbeben in Mittelitalien ein erster Überblick über die Lage möglich. Obwohl die Erdstöße am Mittwochabend ähnlich stark waren wie bei dem verheerenden Beben vor fast exakt zwei Monaten, hatte der Zivilschutz die Folgen zunächst weniger schwer als befürchtet eingeschätzt.
Nach offiziellen Angaben starb ein Mann, weil er wohl in Folge der Beben einen Herzinfarkt erlitten hatte. Berichte über weitere Todesopfer gab es am Donnerstag zunächst nicht. In der Kleinstadt Camerino wurde beim Einsturz der Wohnung seiner Eltern ein Kind schwer verletzt.
Schwere Schäden
Mehrere Bürgermeister der kleinen Gemeinden in den Marken und in Umbrien hatten sich zuversichtlich gezeigt, dass es trotz schwerer Schäden keine Vermissten und Verschüttete geben könnte.
"Meine Fachleute haben mir gesagt, dass das historische Zentrum (...) komplett unzugänglich sein könnte", zitierte die Nachrichtenagentur Ansa den Bürgermeister der Gemeinde Visso, Giuliano Pazzaglini, am Donnerstag in der Früh. In Visso wurde der heftigste Erdstoß gemessen. Die Stärke variierte nach Angaben unterschiedlicher Erdbebenwarten zwischen 5,9 und 6,1 auf der Richter-Skala. Auch in Rom waren die Beben zu spüren, es wurden auch Schäden gemeldet.
"Apokalyptische Situation"
Augenzeugen in Visso, dem Epizentrum des Bebens, sprachen von einer "apokalyptischen Situation". 200 Nachbeben wurden nach dem ersten Erdstoß um 19.11 Uhr am Mittwoch gemeldet. 30 davon wiesen eine Magnitude über 3,0 auf. Die Bevölkerung verbrachte eine Nacht der Angst. Heftige Niederschläge erschwerten die Lage. Drei Krankenhäuser in der Region Marken mussten aus Sicherheitsgründen evakuiert werden. Die Patienten sind in anderen Krankenhäusern der Gegend untergebracht worden. "Es ist wie nach einem Bombenangriff. Wir konnten nicht mehr aufrecht stehen. Alles zitterte. Es war fürchterlich", berichtete ein Zeuge.
Rund 3.000 Menschen hatten ihre Wohnungen verlassen und im Freien, im Auto oder in Notunterkünften die Nacht verbracht. "Wir suchen nach Unterkünften. Wir können in dieser Jahreszeit keine Zelte aufschlagen", sagte der Chef des Zivilschutzes der Region, Cesare Spuri.
Um die 1.000 Kräfte von Rettungsmannschaften waren im Einsatz. "Der Rettungseinsatz hat gut funktioniert, vor allem wenn man bedenkt, dass das Erdbebengebiet besonders groß ist. Wir werden niemanden allein lassen", betonte Innenminister Angelino Alfano.
Die neuerlichen Erdstöße verursachten auch weitere Gebäudeeinstürze in Amatrice. Die Berggemeinde am Apennin war bei einem Erdbeben am 24. August dieses Jahres bereits weitgehend zerstört worden. In Amatrice starben damals auch die meisten der insgesamt 298 Todesopfer dieses Bebens.
© EPA