12. Juli 2017 | 16:58 Uhr

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Größer als das Burgenland

Mega-Eisberg löst sich von Antarktis

Koloss wird Jahre zum Schmelzen brauchen - Forscher fürchten, dass das Larsen-C-Schelfeis zerfallen könnte.

In der Westantarktis ist vom Larsen-C-Schelfeis ein gigantischer Eisberg abgebrochen, der zuletzt nur noch an einer schmalen Verbindung hing. Er zählt nach Angaben des Bremerhavener Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung (AWI) zu den fünf größten Eiskolossen, die Wissenschafter in den letzten drei Jahrzehnten registriert haben. Er misst 5.800 Quadratkilometer.

Der Tafeleisberg löste sich irgendwann in der Zeit zwischen Montag und Mittwoch. Nach Angaben des britischen Antarktisprojekts "Midas" wird er vermutlich den Namen "A68" erhalten. Wohin er driftet, hängt von mehreren Faktoren ab. "Er schwimmt mit der Meeresströmung, aber auch der Wind spielt eine Rolle", sagt AWI-Glaziologin Daniela Jansen, die am "Midas"-Projekt der britischen Universität Swansea beteiligt ist. Sie vermutet, dass der Eisberg - so wie andere zuvor - entlang der antarktischen Halbinsel zunächst gen Norden und dann nach Osten zieht. "Es kann aber dauern, bis er aus dem Meereis raus ist", sagt Jansen. Erfahrungsgemäß driftet er zunächst zehn Kilometer pro Tag.

Sollte die Eismasse nicht vorher in mehrere Teile zerfallen, wird es Jansens Angaben zufolge wohl zwei, drei Jahre dauern, bis sie geschmolzen ist. "Der Eisberg befindet sich schon weit im Norden und kommt deshalb bald in wärmeres Gewässer." Sie geht davon aus, dass er sich vor der Inselgruppe Südgeorgien, etwa 1.400 Kilometer östlich der argentinischen Küste, vollständig auflösen wird.

Eine Gefahr für Menschen geht von dem Giganten nicht aus. "Er schwimmt in einem sehr abgelegenen Teil der Erde", erläutert die Wissenschafterin. "Und einen Eisberg dieser Größe kann man per Satellit super verfolgen." Schiffe wüssten somit, wo er sich gerade aufhalte.

Jetzt, wo der Eisberg abgebrochen ist, ist er für die Wissenschafter eigentlich nicht mehr ganz so spannend. "Uns interessiert, wie es an der Kalbungsfront des Larsen-C-Schelfeises weitergeht", betont Jansen. Schelfeise sind auf dem Meer schwimmende Eisplatten, die von Gletschern gespeist werden und mit ihnen noch verbunden sind. Das Larsen-C-Schelfeis ist das viertgrößte Schelfeis der Antarktis. Es hat eine Fläche von fast 50.000 Quadratkilometern.

Wissenschafter befürchten, dass sich mit dem Abbruch des Eisbergs die neu entstandene Eiskante durch permanentes Abbröseln weiter zurückzieht und das Schelfeis schließlich in absehbarer Zeit komplett zerfällt. Diesen Prozess haben Forscher schon mehrfach beobachtet: In den letzten 20 Jahren sind sieben Schelfeise an der Antarktischen Halbinsel zerfallen oder stark zurückgegangen. In der Folge können die Eisströme der Gletscher ungebremst ins Wasser fließen, was letztlich zur Erhöhung des Meeresspiegels führt.

Ob sich auch das Larsen-C-Schelfeis zurückziehen wird, wissen die Forscher nicht. "Das ist ein komplexes System, und wir arbeiten daran, es zu entschlüsseln", sagt Daniela Jansen. Zwar weiß niemand, ob der Klimawandel die Entstehung von "A68" gefördert hat. Aber zum weiteren Zerfallen des Larsen-C-Schelfeises könnte er durchaus beitragen.