25. November 2016 | 09:53 Uhr
Peru
Klimawandel: Bergbauer klagt Energiekonzern
David gegen Goliath: Ein peruanischer Bergbauer klagt den Energiekonzern RWE.
Saul Lliuya ist Bauer und Bergführer und wohnt in den Anden im Westen Perus. Vor dem Essener Landgericht fordert der 36-Jährige am Donnerstag im schlichten weißen Hemd mit einem grünen Rucksack über der Schulter RWE heraus, einen der größten Stromkonzerne Europas. RWE-Kraftwerke trügen mit ihrem hohen CO2-Ausstoß zur weltweiten Erderwärmung bei, argumentiert Lliuyas Anwältin.
Deshalb müssten die Essener - auch Tausende Kilometer entfernt in Peru - finanzielle Verantwortung für Klimaschäden übernehmen. RWE ist in Österreich an der Kärntner Kelag beteiligt. Im Aufsichtsrat sitzt der frühere österreichische Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP).
Haus in Gefahr
Lliuya sieht sein Haus in den Anden in Huaraz etwa 450 Kilometer nördlich der Hauptstadt Lima gefährdet, weil der Klimawandel einen Gletscher zum Schmelzen bringt. Der Pegel des dortigen Bergsees steige und steige. Lliuya fürchtet eine katastrophale Flut, die sein Haus wegreißen könnte. "Das ist eine Zeitbombe", sagt Anwältin Roda Verheyen.
Der Bergbauer fordert 17.000 Euro für Schutzmaßnahmen in seiner Gemeinde oder wenigstens die 6.300 Euro, die er für den Umbau seines eigenen Hauses für mehr Hochwassersicherheit ausgegeben hat. Er hat einen zweiten Stock auf das Haus gesetzt - für den Fall, dass das Wasser kommt.
RWE hält die Klage für unberechtigt. Der Klimawandel sei ein globales Problem mit vielfältigen Ursachen, das auf staatlicher und internationaler Ebene gelöst werden müsse. Dafür dürfe man nicht einzelnen Unternehmen die Verantwortung zuschieben, betont der RWE-Anwalt vor Gericht. Wenn Einzelne für globale Phänomene verantwortlich gemacht würde, drohe eine Klagewelle Aller gegen Alle.
Klima-Klagen am Nachweis gescheitert
Bisher waren ähnliche Klima-Klagen in der Vergangenheit am Nachweis gescheitert, dass das beklagte Unternehmen tatsächlich im konkreten Einzelfall für mögliche Schäden verantwortlich ist. So wies der US Supreme Court 2013 eine Klage der Stadt Kivalina gegen ExxonMobil ab. Der Ölkonzern sollte nach Meinung der Kläger zahlen, weil die Stadt ihn für den Meeresspiegel-Anstieg und eine drohende Überflutung mitverantwortlich machte.
Das Problem der "Kausalität" zwischen RWE-Schadstoffen und dem schmelzenden Gletscher in Peru steht auch in Essen im Mittelpunkt. Der Vorsitzende Richter Klaus Werner Krüger nimmt sich bei der Verhandlung am Donnerstag viel Zeit für die Argumente beider Seiten. Er weist die Klage nicht gleich ab, sondern bestimmt einen neuen Termin Mitte Dezember.
Der David-gegen-Goliath-Kampf des Peruaners fällt in eine Zeit, in der fossile Energien zunehmend kritisch gesehen werden. Spätestens seit der Weltklimakonferenz in Paris vor einem Jahr ist der Rückhalt für Kohle und Gas in Deutschland und teils auch im Ausland geschwunden.