20. Jänner 2017 | 19:04 Uhr

Lawinen-Unglück

Italien: Drei weitere Kinder aus verschüttetem Hotel gerettet

Insgesamt zehn Vermisste lebend geborgen - Biher fünf Tote

Wunder beim Lawinendrama in der mittelitalienischen Region Abruzzen: Obwohl wenig Hoffnung bestand, haben Rettungseinheiten am Freitag zehn der rund 30 Vermissten aus dem verschütteten Hotel Rigopiano lebend lokalisiert und zum Teil bereits geborgen, darunter vier Kinder. Bisher wurden fünf Leichen aus den Trümmern geholt.

Zu den Geretteten zählten auch vier Kinder. Ins Krankenhaus der Adria-Stadt Pescara wurden die Frau und der achtjährige Sohn des 38-jährigen Kochs Giampiero Parete gebracht, der als erster am Mittwoch Alarm geschlagen hatte. Er hatte in seinem Auto auf die Retter gewartet, während er um seine verschüttete Familie bangte. Auch die sechsjährige Tochter Ludovica dürfte am Leben sein. Die acht Überlebenden wurden bei verschiedenen Einsätzen geborgen. Sie wurden in einem Dachboden und in einem Küchenraum gefunden. Einige von ihnen konnten ein Feuer entfachen, um sich zu wärmen. 43 Stunden lang mussten sie ausharren, bis Hilfe kam.

"Überglücklich"

"Es war wunderbar, als wir sie gefunden haben. Sie waren überglücklich. Sie wollten es nicht glauben, dass wir sie gefunden haben und haben uns umarmt. Der Raum, in dem wir die Überlebenden gefunden haben, ist groß und es gab viel Atemluft, berichtete einer der Retter. Die öffentlich-rechtliche TV-Anstalt RAI zeigte Bilder vom Moment, in dem ein Bub unter dem Jubel der Retter aus den Trümmern geholt wurde. "Wir danken den Engeln des Schnees, die pausenlos im Einsatz sind", würdigten Lokalpolitiker den Einsatz der Rettungsmannschaften. Auch der italienische Premier Paolo Gentiloni dankte den Einsatzkräften für die Rettung von Menschenleben und sprach von "heldenhaften Rettern", die pausenlos am Unglücksort im Einsatz seien.

Die Nachricht der Bergung der Überlebenden löste Hoffnung unter den Angehörigen der Vermissten aus. Sie warteten in einer Einrichtung in der Ortschaft Penne am Fuß des Gran-Sasso-Massivs auf Nachrichten von den Rettungsmannschaften. Für Alessandro Giancaterino, den Chefkellner im Hotel, kam jede Hilfe zu spät. Er war das erste Todesopfer, das offiziell identifiziert wurde. Im Vier-Sterne-Hotel mit Spa und Kongresszentrum befanden sich mehrere Paare und Familien, sowie rund acht Angestellte.

135 Retter standen am Unglücksort im Einsatz. Sie arbeiteten auf der Suche nach weiteren Überlebenden gegen die Zeit. Es handelte sich um "eine komplexe und gefährliche Bergungsaktion", berichtete Zivilschutzsprecherin Titti Postiglione. Es bestehe hohe Lawinengefahr in der Gegend. Lawinenexperten seien im Einsatz, um die Gefährlichkeit der Lage zu prüfen. Das Militär machte die Straßen zum Hotel wieder befahrbar. "Wir haben noch Hoffnung auf weitere Überlebende", sagte Postiglione.

Das Lawinenunglück am Gran-Sasso-Massiv warf mehrere Fragen über die Sicherheit des exklusiven Vier-Sterne-Hotels in 1.200 Meter Höhe auf. Während die Suche nach Vermissten noch voll im Gange ist, sammelte die Staatsanwältin von Pescara, Cristina Tedeschini, Beweismaterial, das Fahrlässigkeit in Zusammenhang mit der Katastrophe bezeugen könnte. "Wir wollen feststellen, ob etwa unvorsichtiges Verhalten die Lawine ausgelöst hat und ob das Hotel den Sicherheitsstandards entsprach", meinte Tedeschini.

Die Staatsanwaltschaft will unter anderem die Entstehung des Hotels Rigopiano prüfen. Der Hotelchef, Roberto Del Rosso, der unter den Verschütteten ist, hatte das Haus von seinem Vater geerbt, der eine einfache Berghütte in ein Hotel umgewandelt hatte. 2007 wurde erneut groß investiert und das Hotel in ein Viersterne-Resort umgewandelt.

Durch eine Serie aus vier schweren Erdbeben am Mittwoch und Schneefällen, wie sie seit Jahrzehnten nicht mehr in der Region vorgekommen waren, erlebt das Gebiet zwischen den Abruzzen, Latium und Marken schwierige Tage. Die Regierung geriet unter Beschuss. Innenministerium und Zivilschutz wurde vorgeworfen, den Schneealarm der lokalen Behörden auf die leichte Schulter genommen zu haben.