02. Oktober 2015 | 11:59 Uhr
Alpenraum
Super-Sommer: Gäste stürmten ÖAV-Hütten
Anforderungen an Wirte hoch - Trend zu kleineren Lagern und vegetarischem Essen.
Auf ein dürres folgte ein fettes Jahr: Der schöne Sommer hat den Berghütten des österreichischen Alpenvereins eine überdurchschnittlich erfolgreiche Saison mit 15 Prozent mehr Tagesgästen und Übernachtungen beschert. Bis zu 8.000 Nächtigungen wurden auf einzelnen Hütten registriert - insgesamt waren es mit Herbstbeginn rund 350.000. Zugleich nehmen die Anforderungen für Hüttenbetreiber stetig zu.
"Das Angebot auf den Hütten scheint den Nerv der Zeit zu treffen", sagte Alpenvereinspräsident Andreas Ermacora am Freitag bei einem Pressegespräch in Zell am See. Das Gesundheitsbewusstsein der Menschen nehme zu. "Sie haben Lust, in den Bergen aktiv zu sein, und suchen vor allem am Wochenende nach geeigneten Stützpunkten." Dabei fällt auf: "Die Hüttengäste werden immer jünger. Es kommen auch immer mehr Familien."
Kosten steigen
Gleichzeitig steigen die Kosten, die für den Erhalt der Hütten und Wege anfallen, kontinuierlich an. "Die behördlichen Auflagen werden immer strenger, angefangen beim Brandschutz über die Trinkwasserversorgung bis hin zu Arbeitnehmerschutz und Abfallbeseitigung", erklärte Peter Kapelari, Leiter der Abteilung Hütten und Wege im ÖAV. "Dabei sollte man andere Maßstäbe als im Tal gelten lassen. In den meisten Gesetzesmaterien gibt es zwar Ausnahmen, die werden aber nicht immer herangezogen." So bringe die geforderte automatische Weiterleitung eines Brandmelders zur Feuerwehr in den Bergen nur bedingt etwas.
"Würde man eine bestehende Hütte neu aufbauen, müsste man sie heute aufgrund der vielen neuen Vorschriften um ein Drittel größer bauen als die alte. Dabei kosten Baumaßnahmen in den Bergen 2,5 Mal so viel wie im Tal", sagte Kapelari. Der Alpenverein baue zwar grundsätzlich keine neuen Hütten mehr. "Es ist uns aber ein Anliegen, bestehende Hütten konsequent ökologisch weiterzuentwickeln." Ziel seien sogenannte Inselsysteme, die ihre Umgebung so wenig wie möglich belasten. Möglich machen das Wasser-und Blockheizkraftwerke, Fotovoltaik und Wasseraufbereitungs- und Kläranlagen.
Anforderungen an Wirte hoch
Das erhöht zugleich die Anforderungen für Hüttenwirte. "Wir haben zwar viele Bewerber, gute Pächter zu finden ist aber schwierig. Es gibt viele Quereinsteiger, die keine Vorstellung davon haben, was auf sie zukommt", betonte Kapelari. "Man sollte sich mit Seilbahn-Technik auskennen und das Stromaggregat warten können. Man ist Koch und Kellner, nach Möglichkeit Bergretter und Anlaufstelle für alpine Auskünfte - und irgendwie auch Psychologe, wenn es zu Konflikten kommt. Man sollte kaufmännisches Wissen haben und oft sind auch die Kurse für Kleinklärwärter und Wasserwart notwendig."
Die mittlerweile hohe Komplexität verdrieße oft auch ehrenamtliche Hüttenwarte und Helfer. "Während man früher vielleicht nur Handwerker war, hat man heute mit Verhandlungen, Bescheiden und Projekteinreichung zu tun." Parallel dazu werden die Gäste anspruchsvoller: "Es gibt mehr Sensibilität, was Nahrungsmittelunverträglichkeiten oder Allergien betrifft. Leute, die nicht immer Fleisch essen wollen, sondern auch vegetarische Gerichte." Zugleich wachse laut Kapelari das Bedürfnis nach mehr Intimität. "Große Lager sind unpopulär, der Trend geht Richtung Vierer- und Sechser-Lager, weil die Leute gerne in der Gruppe oder Familie bleiben. Aber Platz ist auf Hütten ein knappes Gut."