26. Juli 2022 | 06:58 Uhr
Murenabgänge
Unwetter zogen Spur der Verwüstung durch Österreich
Nach der Gluthitze kam es in der Nacht auf Dienstag im ganzen Land zu heftigen Unwettern – diese zogen wieder eine Spur der Verwüstung durch das Land.
Drei Tage nach den schweren Unwettern ist es Montagabend im Tiroler Stubaital neuerlich zu mehreren Murenabgängen infolge von Starkregen gekommen. Der Parkplatz der Gletscherbahn wurde überflutet und ein geparktes Auto mitgerissen, teilte die Polizei Dienstagfrüh mit. Personenschäden seien keine gemeldet worden, die Stubaier Gletscherstraße wurde für den gesamten Verkehr gesperrt. Die Suche nach dem seit Freitag vermissten Pfarrer ist laut Wasserrettung derzeit unmöglich.
"Wir haben aktuell keine Chance", schilderte Konrad Kirchebner von der Tiroler Wasserrettung der APA. Nach den neuerlichen Murenabgänge habe man im Wasser aufgrund der Verschmutzung keine gute Sicht, zudem sei der Wasserstand viel zu hoch, erklärte er. "Wir müssen besseres Wetter abwarten", meinte Kirchebner. Am Mittwoch werde die Lage neu beurteilt. Aber bei der Aufgabe handle es sich um die "Suche der Nadel im Heuhaufen", verdeutlichte er die Herausforderung.
Unwetter reißt Auto mit
Der Pfarrer wurde Freitagabend in seinem Auto sitzend von den Fluten mitgerissen. Bei einer Suchaktion am Samstag wurden lediglich private Gegenstände wie eine Bibel, Dokumente und eine Visitenkarte gefunden. Ein Teil des Fahrzeugs des 60-Jährigen war am Samstag in der Ruetz gefunden worden.
Die neuerlichen Unwetter ereigneten sich während die Aufräumarbeiten nach den Elementarereignissen vom Freitag noch im vollen Gange waren. Nun müsse die Lage neu beurteilt werden, hieß es von der Polizeiinspektion Neustift.
Weitere Murenabgänge
Im Ortsteil Gasteig hielt die Brücke der L232 einem Murenabgang stand, doch wurde die Straße gesperrt. Auch der Radweg entlang der Ruetz musste gesperrt werden, ebenso wie die Gemeindestraßen Oberberg und Mühlenweg sowie der Uferweg ab der Einmündung des Oberbergbaches in die Ruetz bis zum Eingang ins Oberbergtal. Zudem musste in Neustift in einer Tischlerei und in einem Musiklokal Wasser abgepumpt werden. In der Gemeinde Schönberg kam es auf der B183 ebenfalls zu einem Murenabgang, weswegen die Straße für den gesamten Verkehr gesperrt werden musste.
Der Leiter der Abteilung Krisen- und Gefahrenmanagement des Landes Tirol, Elmar Rizzoli, hatte am Montag mit Blick auf die erwarteten Unwetter an die Bevölkerung appelliert, entsprechend Vorsicht walten zu lassen und "beispielsweise nicht unbedingt notwendige Autofahrten oder Spaziergänge zu vermeiden bzw. von gefährdeten Bereichen wie Fließgewässern Abstand zu halten". Das betreffe "allen voran die bereits am Wochenende stark betroffenen Gebiete", betonte Rizzoli in einer Aussendung. Die Tiroler Landesregierung wird am Dienstag in ihrer Regierungssitzung einen Beschluss fassen, dass private Elementarschäden aus dem Katastrophenfonds entschädigt werden.
Doch nicht nur im Stubaital kam es zu heftigen Gewittern. In Finkenberg im Zillertal stürzte laut Polizei ein Baum auf einen Hotelparkplatz. Dabei wurden drei Autos beschädigt, es wurde niemand verletzt.
Klimakrise macht Muren und Hangrutschungen noch wahrscheinlicher
Ein Hangrutsch in Kärnten, Murenabgänge in Tirol und Salzburg sind nur drei der aktuellen Extremwetterereignisse Ende Juli. Gemeinsam haben sie mit Berg- oder Felsstürzen bis hin zur Geröll-Lawine, dass sie in der Geologie zu den "gravitativen Massenbewegungen" zählen und dass die dahinterstehenden schadensverursachenden Gewitter während des 21. Jahrhunderts und darüber hinaus in Österreich zunehmen werden, "je höher die Temperatur ansteigt".
Heftige Sturmböen fegten durch Wien
Ein Leserreporter meldete sich bei oe24 und gab kund: "Eine heftige Windböe gegen 2 Uhr nachts riss mich aus dem Schlaf, innerhalb weniger Sekunden fegte gefühlt ein Mini-Tornado durch meine Wohnung. Auf Social berichteten User von umgestürzten Bäume, abgebrochenen Äste und gebersteten Fenster.
Blitzschlag verursachte Großbrand auf Bauernhof im Bezirk Eferding
Ein Blitzschlag hat in der Nacht auf Dienstag in Stroheim (Bezirk Eferding) einen Großbrand auf einem Bauernhof ausgelöst. 17 Feuerwehren aus den umliegenden Orten waren mit 250 Helferinnen und Helfern im Einsatz. Der 60-jährige Altbauer hat sich beim Löschen überanstrengt und wurde ins Spital eingeliefert. Der Rest der Familie, darunter zwei Kinder, blieb unverletzt. Rund 100 Tiere wurden in Sicherheit gebracht. Der Vierkanter wurde laut Polizei völlig zerstört.
Gegen 1.00 Uhr brach das Feuer am Heuboden aus. Der 33-jährige Hausbesitzer und sein 60-jähriger Vater versuchten noch mit einem Feuerlöscher gegen die Flammen anzukommen, was ihnen aber nicht gelang. Daher stoppten sie ihre Bemühungen und brachten bis zum Eintreffen der Feuerwehr die Kühe aus dem Stall in Sicherheit. Die Frauen der beiden Männer brachten sich mit den ein und vier Jahre alten Kindern des Landwirtspaares selbst in Sicherheit.
Dem Altbauer übernahm sich bei den Löscharbeiten. Er wurde mit der Rettung ins Krankenhaus Wels eingeliefert. Sein Sohn half der Feuerwehr weiter bei der Brandbekämpfung. Das Anwesen brannte allerdings völlig nieder. Der Sachschaden war vorerst nicht bekannt, dürfte aber beträchtlich sein.
Bauernhof im Lungau von Mure beschädigt
In Thomatal im Lungau ist in der Nacht auf Dienstag ein Bauernhof während eines Unwetters von einer Mure beschädigt worden. Die Bewohner waren laut Polizei im Haus geblieben und sind unverletzt, die Tiere wurden aus dem Stall gebracht. Durch den Murenabgang im Bereich des Fischergrabens wurde ein Teil der Bundschuh-Landesstraße verschüttet.
Mitarbeiter der Straßenmeisterei Lungau sowie eines Erdbauunternehmens haben noch in der Nacht begonnen, die Straße von den Geröllmassen zu befreien. Im Einsatz standen auch 20 Feuerwehrleute der örtlichen Feuerwehr. Die Bundschuh-Landesstraße bleibt solange gesperrt, bis die Aufräumarbeiten abgeschlossen sind.
Zahlreiche Feuerwehreinsätze auch in Südtirol
Auch in Südtirol haben heftige Gewitter mit Starkregen und Sturmböen Montagabend und in der Nacht auf Dienstag die Feuerwehren auf Trab gehalten. Landesweit zählte man rund 100 Einsätze, zusätzlich wurden weitere 70 Einsätze von der Berufsfeuerwehr Bozen abgewickelt, hieß es in Medienberichten. Es kam zu umgestürzten Bäumen, Vermurungen, Überflutungen von Bächen und Straßen sowie Wassereintritte in Keller.
Betroffen waren vor allem die Gebiete rund um Meran und die Landeshauptstadt Bozen. Der Montag war der bisher gewitterreichste Tag des Jahres in der autonomen Provinz gewesen. Laut Landesmeteorologe Dieter Peterlin wurden rund 2.600 Blitze gezählt. Am meisten Niederschlag wurde mit 40 Liter pro Quadratmeter in Gargazon gemessen, während in Salurn Sturmböen mit Geschwindigkeiten von 86 Kilometer pro Stunde erreicht wurden.
Sturm - Bisher 70 Feuerwehreinsätze in Wien
Die Wiener Berufsfeuerwehr hat in der Nacht auf Dienstag bisher 70 zusätzliche Einsätze zum Normalbetrieb aufgrund des Sturmes in Wien gezählt. Es habe sich um Sicherungsarbeiten wegen loser Äste, Dachziegel, Fensterflügel und Bauteile sowie wegen umgestürzter Bäume gehandelt, berichtete Feuerwehrsprecher Lukas Schauer der APA. Die Einsatzkräfte seien seit 3.00 Uhr im ganzen Stadtgebiet unterwegs.