16. März 2013 | 03:00 Uhr
Schneechaos in Ungarn
Tausende Autofahrer steckten fest
Fast 10.000 Menschen harren in Fahrzeugen aus. Ganze Dörfer abgeschnitten.
Das Schneechaos in Ungarn ließ am Samstag langsam nach. Die Autobahn M1 nach Budapest - die Hauptroute aus Richtung Wien - war schließlich nach mehr als zwei Tagen wieder weitgehend frei. Es gab laut ÖAMTC aber noch Behinderungen wegen Autos, die abgestellt worden waren, als die Reisenden in Notunterkünften untergebracht worden waren. Polizei, Armee und Katastrophenschutz hatten die bis zu 24 Stunden in ihren Fahrzeugen eingeschlossenen Menschen in der Nacht auf Samstag in Sicherheit gebracht. Vor dem Grenzübergang Nickelsdorf im Burgenland hatte sich allerdings am Samstag auf österreichischer Seite ein 15 Kilometer langer Rückstau auf drei Spuren gebildet.
Die anderen Hauptverkehrsstraßen im Westen und Südwesten Ungarns, die seit Donnerstag nach Schneefällen, Schneeverwehungen und Unfällen blockiert waren, waren bis Samstag am Vormittag geräumt worden. In der Früh waren in ganz Ungarn noch 130 Straßen gesperrt, teilte die Straßenverwaltung mit. 20 Ortschaften waren von
der Außenwelt abgeschnitten.
Rotes Kreuz im Einsatz
Das Österreichische Rote Kreuz (ÖRK) hatte Samstag gegen 2.00 Uhr früh seine Hilfsmaßnahmen wegen des Schneechaos in Ungarn beendet. Die Helfer waren ab Freitagmittag im Einsatz gestanden, um Menschen zu versorgen, die aufgrund des Schneechaos in ihren Fahrzeugen festsaßen. Im Gebiet zwischen Györ und Tatabanya gab es ab diesem Zeitpunkt keine hilfsbedürftigen Personen mehr. "Das Österreichische Rote Kreuz hatte 138 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie 51 Fahrzeuge im Einsatz", sagt Gerry Foitik, Bundesrettungskommandant des ÖRK. 800 Personen seien mit Nahrungsmitteln, Tee und Decken versorgt worden. 17 Mal musste medizinische Hilfe geleistet werden.
Österreicher fast getötet
Ein glückliches Ende der Schnee-Blockade gab es auch für einen Österreicher, der in Ungarn in seinem Wagen eine Kohlenmonoxid-Vergiftung erlitten hatte. Der 32-jährige Wiener war auf der Rückreise von Budapest nach Wien im Schnee-Chaos hängen geblieben, berichtete der ÖAMTC.
Patrick B. war auf Geschäftsreise in Budapest gewesen. Am Donnerstag gegen 15.30 Uhr machte er sich auf den Heimweg nach Wien. Er tankte sein Auto, kaufte eine Kleinigkeit zu essen und fuhr los. Der Mann landete wie viele andere Autofahrer im Stau-Chaos zwischen Budapest und Györ. Der Wiener verbrachte die ganze Nacht im Auto, der Motor lief. Am Freitag starb dann der Motor ab. Patrick B. fühlte sich nicht gut, er bekam Schüttelfrost. Als es ihm immer schlechter ging, konnte er gerade noch zu einem anderen Pkw gehen. Dann dürfte er das Bewusstsein verloren haben.
Die Insassen des anderen Fahrzeugs setzten einen Notruf ab. Er wurde schließlich mit einem Notarzthubschrauber ins Spital von Györ geflogen. Offensichtlich waren durch den Schnee Auspuffabgase ins Wageninnere gedrückt worden. Der 32-Jährige erhielt Sauerstoff und erholte sich soweit, dass er aus dem Spital selbst die ÖAMTC-Notrufzentrale verständigen konnte. Er wurde mit einem Krankenwagen heimgeholt.
Von Donnerstag auf Freitag waren in Ungarn tausende Menschen in ihren Fahrzeugen festgesessen. 8.000 weitere waren in Notunterkünften untergebracht worden. Bei wetterbedingten Massenkarambolagen wurden drei Menschen getötet und Dutzende weitere verletzt. In ungarischen Medien und Internet-Plattformen wurde scharfe Kritik an den Behörden und an Innenminister Sandor Pinter geäußert. Die Behörden hätten viel zu spät gehandelt und die Menschen mehr als 24 Stunden lang ihrem Schicksal überlassen.
Lkw-Kolonne auf A4 kam langsam in Fahrt
Auf der Ostautobahn (A4) im Burgenland ist am Samstagabend die Kolonne der vor dem Grenzübergang Nickelsdorf (Bezirk Neusiedl am See) wartenden Lkw langsam in Fahrt gekommen. Der Stau reichte allerdings zunächst immer noch etwa 15 bis 17 Kilometer bis zum Parkplatz Neusiedl am See zurück. Mittlerweile habe man die Information, dass der Verkehr ins Rollen gekommen sei, teilte die Landespolizeidirektion Burgenland auf Anfrage mit.
"Die linke Fahrbahn ist jetzt in Richtung Ungarn für Pkw frei geräumt. Der Pkw-Verkehr fließt", schilderte ein Polizist. Die Pkw wurden nicht mehr bei der Anschlussstelle Gols abgeleitet. Man trachte nun auch danach, den Lkw-Stau aufzulösen: "Er wird sich verringern, sofern die ungarischen Behörden den Lkw-Verkehr nach Ungarn hineinlassen." Das war am Abend dann auch der Fall.
Am Nachmittag konnte die Mannschaft der Asfinag ihren Schneeräumeinsatz in Ungarn beenden und machte sich mit ihren Räumfahrzeugen auf den Weg zurück nach Österreich. Der ungarische Einsatzleiter habe sich sehr herzlich für die rasche, unkomplizierte Hilfe sowie für die "hervorragende Arbeit" bedankt, hieß es in einer Aussendung.
Zur Versorgung der im Stau stehenden Autofahrer hatten Polizei und Bezirkshauptmannschaft Samstagnachmittag das Rote Kreuz angefordert. Mitarbeiter der Hilfsorganisation fuhren auf der Gegenfahrbahn die gesamte Strecke ab. Es hätten sich jedoch keine Pkw mehr im Stau befunden, so Sprecher Tobias Mindler.
Die Autos seien offenbar bereits erfolgreich aus dem Stau abgeleitet worden. Und die Lkw-Fahrer seien ohnedies auf derartige Situationen eingestellt. Die Kräfte des Roten Kreuzes verließen anschließend die Autobahn und hielten sich noch auf der Bezirksstelle verfügbar.