03. August 2015 | 10:47 Uhr

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Hitzewellen werden Norm

Experte: In Zukunft 45 Hitzetage im Jahr

Umweltmediziner: Gesellschaft muss sich für deutlich mehr Hitzewellen wappnen.

Diese Woche klettern die Temperaturen wieder über 35 Grad. Damit setzt sich der Tropensommer fort. Hohe Temperaturen und lange Hitzewellen wie in diesem Sommer werden in 30 Jahren die Norm sein, prognostiziert Umweltmediziner Hans-Peter Hutter vom Institut für Umwelthygiene der MedUni Wien: "Es wird künftig noch mehr Hitzewellen mit noch höheren Temperaturen in Österreich geben."

Der Anstieg der Tropentage in Österreich verläuft rasant: Derzeit gibt es im Schnitt jährlich fünf Hitzewellen nach den Kysely-Kriterien (Hitzewelle, bei der es an drei aufeinander folgenden Tagen mindestens 30 Grad hat). "Schon in 30 Jahren werden wir 15 solche Hitzewellen haben, also durchschnittlich mindestens 45 Tage mit über 30 Grad", sagt Hutter, der am österreichischen Klimabericht mitgearbeitet hat. "Und der Trend ist, egal welches Berechnungsmodell man heranzieht, stark steigend. Die Hitze, unter der wir heute leiden, ist künftig an vielen Tagen die Norm."

Ein Grad wärmer, bis zu sechs Prozent höhere Sterblichkeit
Die Folgen sind - neben der Freude über viele Tage Badewetter - fatal: Denn schon die Steigerung der durchschnittlichen Temperatur um ein Grad Celsius führt, so Hutter, zu einem Anstieg der Sterblichkeit um ein bis sechs Prozent.

Davon betroffen seien vor allem Menschen, die alt sind, alleine und sozial isoliert leben. Hutter: "Diese Gruppe ist schwer zu erreichen und angesichts unserer Alterspyramide ist das ein großes, gesellschaftliches Problem. Dafür müssen dringend Vorsorgeprogramme erarbeitet werden."

Verhaltensänderungen
Um den Klimawandel zu stoppen und nachfolgende Generationen zu schützen, seien Verhaltensänderungen nötig, die den Menschen jetzt durchaus "zumutbar sind", betont Hutter. "Und zwar weniger aufwendig, als jene Verhaltensänderungen, die gezwungenermaßen nötig sein werden wie Umsiedelungen nach mehrfachen Überschwemmungen, wenn wir jetzt nichts tun."

Die wichtigsten Maßnahmen: Verringerung des CO2-Ausstoßes durch Industrie, Haushalte, (Straßen-)Verkehr und Landwirtschaft (Stichwort Methan). Selbst eine kleine Änderung der Ernährungsgewohnheiten kann helfen. Hutter: "Das ist eine win-win-Situation für Umwelt und Mensch. Zum Beispiel weniger Fleisch zu essen, ist einerseits gesünder, andererseits hat es auch Auswirkungen auf die Nutztierhaltung und damit auf die Umwelt. Beim Verkehr ist es ähnlich. Weniger motorisierter Individualverkehr bedeutet bessere Luft und gleichzeitig mehr körperliche Aktivität für den Einzelnen, wenn man mehr zu Fuß oder mit dem Rad unterwegs ist. Das wären schon kleine aber entscheidende Schritte in die richtige Richtung."

Lösungen für bauliche Strukturen oder heiße Arbeitsplätze
Gleichzeitig sollte sich die Gesellschaft aber schon jetzt für die kommenden Herausforderungen mit deutlich mehr Hitzewellen wappnen, rät der Umweltmediziner: "Die meisten baulichen Strukturen in Österreich sind nicht hitzetauglich. Das muss in Architektur und in Städteplanung viel stärker als berücksichtigt werden." Verkehrsberuhigte Zonen, mehr Grün- und Wasserflächen sowie helle Farben und weniger Glasflächen seien nötig. Generell gehe es aber um "intelligente Lösungen" - nicht nur in der Städteplanung, auch beim Energiesparen, bei Kühlsystemen in Häusern, aber auch bei der Organisation von Arbeit an sich. Hutter: "Schon jetzt sollte es Überlegungen geben, wie man Arbeitsplätze, die vermehrter Hitze ausgesetzt sind, künftig gestaltet und organisiert, wie etwa in einer Bäckerei oder Wäscherei oder etwa am Bau."