16. September 2020 | 22:35 Uhr
Brände und Überschwemmungen
USA versinken im Katastrophen-Chaos
Während die Westküste mit gewaltigen Waldbränden zu kämpfen hat, wütet im Süden, an der Golfküste, Hurrikan "Sally" und sorgt für Überflutungen & Stromausfälle.
Hurrikan "Sally" hat die US-Golfküste erreicht und dort für starke Regenfälle, Stromausfälle und Schäden gesorgt. Die Überschwemmungen an der Küste der Bundesstaaten Alabama und Florida hätten "historische und katastrophale Ausmaße" teilte das Nationale Hurrikan-Zentrum am Mittwoch mit, nachdem der Wirbelsturm in den frühen Morgenstunden auf Land traf.
"Sally" entwurzelte Bäume und riss Kabel von Strommasten. Hunderttausende Haushalte und Unternehmen waren ohne Elektrizität. Experten rechneten damit, dass Schäden in Höhe von zwei bis drei Milliarden Dollar anfallen, womöglich sogar höher, sollten die heftigen Regenfälle sich ausbreiten. Auf ihrem Weg nach Osten und ins Landesinnere wurde "Sally" am Nachmittag zu einem Tropensturm herabgestuft, nachdem die maximale Windgeschwindigkeit auf 113 Kilometer pro Stunde zurückging, was knapp unter der Schwelle für Hurrikane liegt.
Brände wüten weiter an der Westküste
Unterdessen wüten an der US-Küste weiterhin Dutzende verheerende Waldbrände, die Feuerwehr und Einwohner in Schach halten.Im Süden Kaliforniens rückte am Dienstag (Ortszeit) ein Feuer nahe der Millionenmetropole Los Angeles gefährlich an das gut 1.700 Meter hoch in den San Gabriel Mountains liegende historische Mount-Wilson-Observatorium heran.
Die Flammen des sogenannten Bobcat-Feuers hätten bis zum Abend um die Anlage herum zurückgeschlagen werden können, sagte eine Sprecherin des Einsatzteams. Die Lage am Mount Wilson sehe jetzt "ziemlich gut" aus, ergänzte sie in einem Video, das vom Angeles-Nationalforst auf Twitter veröffentlicht wurde.
Die Anlage aus dem Jahr 1904, in der Astronom Edward Hubble Medienberichten zufolge historische Entdeckungen gemacht hatte, war zuvor geräumt worden. Zeitweise hatten sich die Flammen bis auf wenige Hundert Meter herangefressen.
Mindestens 35 Tote
Die verheerenden Feuer in Kalifornien sowie den nördlichen Nachbarstaaten Oregon und Washington haben bereits riesige Flächen Land zerstört. Ganze Ortschaften brannten ab, 35 Menschen starben. Die Behörden befürchten weitere Todesopfer. Die Nationale Brandschutzbehörde NIFC sprach am Dienstag landesweit von 87 Großfeuern, die bereits mehr als 4,7 Millionen Acres (mehr als 19.000 Quadratkilometer) niedergebrannt hätten. Die meisten der Brände wüteten demnach in Kalifornien, Oregon, Washington und Idaho.
Die Rauchwolken der Waldbrände waren bis an die US-Ostküste gezogen. Am Dienstag war der Rauch am Himmel über New York sichtbar, wie die Internetseite "NY Metro Weather" meldete. Meteorologen gehen davon aus, dass der Rauch noch in dieser Woche über den Atlantik bis nach Europa ziehen wird.
Regenfälle erwartete die Behörde für den Nordwesten Oregons. Die höhere Luftfeuchtigkeit werde die Lage an der nordwestlichen Pazifikküste etwas entspannen, hieß es im Lagebericht vom Dienstag weiter. Doch im Osten Oregons sowie in Kalifornien und weiteren Regionen wie im Westen Montanas bleibe die Lage kritisch, nicht zuletzt wegen erwarteter Windböen. Dichter Rauch wird demnach weiter über dem Westen der USA liegen. US-Medien berichteten, erste Ausläufer des als gesundheitsschädlich eingestuften Rauchs der Waldbrände seien bereits an der Ostküste angekommen.
Mehr als 16.600 Feuerwehrleute kämpften alleine am Dienstag in Kalifornien gegen 25 größere Feuer an, wie die Behörde CAL Fire mitteilte. Auch in Oregon tobten mehr als zwei Dutzend Brände. Nach Mitteilung des Weißen Hauses sagte US-Präsident Donald Trump dem schwer betroffenen Staat am Dienstag Katastrophenhilfe zu. Bürger, deren Häuser zerstört wurden, sollen damit über die Katastrophenschutzbehörde (Fema) Soforthilfe erhalten.
Trump gibt schlechtem Forstmanagement Schuld
Trump hatte sich am Montag bei einem Besuch in Kalifornien mit Einsatzkräften und Vertretern der Regierung getroffen. Dabei gab der Republikaner erneut dem aus seiner Sicht schlechten Forstmanagement die Schuld an den heftigen Bränden. Der kalifornische Gouverneur Gavin Newsom verwies auf die drastischen Folgen des Klimawandels, Trump spielte dies wie schon zuvor herunter.
Er sagte etwa in einem Telefongespräch mit dem Sender Fox News, dass es in Europa nicht solche Waldbrände wie in Kalifornien gebe. "In Europa haben sie 'Wald-Städte'. Schauen Sie auf Länder wie Österreich, schauen Sie auf so viele Länder, sie leben im Wald, diese werden als 'Wald-Städte' angesehen, so viele gibt es." Trotzdem gebe es dort nicht so schlimme Waldbrände wie in Kalifornien, betonte der Republikaner, dabei gebe es in Europa "explosivere" Bäume.
Wissenschafter sehen es als erwiesen an, dass die Klimakrise Wetterextreme wie Trockenheit und Hitze verschärft. "Größer, heißer und zerstörerischer" werden laut California State University die Waldbrände an der Westküste der USA. Ein Grund: Der Klimawandel. Dieser gehe mit Dürre einher, erklärt Craig Clements, Klimawissenschafter von der San Jose State University. Fehlende Niederschläge träfen auf eine Rekord-Hitzewelle. Die Vegetation sei dadurch noch leichter entflammbar, so der Experte.
Gewitter stellten bei Dürre ein zusätzliches Risiko dar, weil Blitze Brände verursachen können, ergänzt Andreas Friedrich vom Deutschen Wetterdienst. Zudem fache starker Wind das Feuer immer wieder an. Aber auch forstwirtschaftliche Mängel tragen laut California State University zur Katastrophe bei. Es liege zu viel brennbares Material wie trockene Äste oder Gestrüpp auf dem Waldboden.
Die jährliche Brandsaison an der Westküste steht erst am Anfang, sie wird laut Experten von Cal Fire mindestens bis Ende Oktober dauern. Die Kandidatin der US-Demokraten für die Vizepräsidentschaft, Kamala Harris, machte sich zusammen mit Newsom am Dienstag ein Bild von der Zerstörung durch das Creek-Feuer in der Sierra Nevada. Die politische Führung müsse den Klimawandel ernst nehmen und alles tun, um derartige Schäden abzuschwächen, betonte die Senatorin aus Kalifornien. Der demokratische Präsidentschaftskandidat Joe Biden hatte Trump am Montag als "Klima-Brandstifter" bezeichnet. Obwohl der "Westen im wahrsten Sinne des Wortes in Flammen steht", verleugne Trump weiter den Klimawandel, betonte Biden.