09. Mai 2016 | 10:34 Uhr

hangrutsch.jpg © Wei Wu

Modell entwickelt

Wiener Forscher knacken Erdrutsch-Code

Boku-Experten entwickelten Simulation für Hangrutschungen.

Die Stabilität eines Hanges wird durch das komplexe Zusammenspiel verschiedener Faktoren beeinflusst. Solche Vorgänge waren bisher nicht zu berechnen, etwa um vor Hangrutschungen zu warnen. Wiener Forscher haben in den vergangenen Jahren ein Modell entwickelt, mit dem sich die Prozesse modellieren und potenziell gefährliche Böschungen identifizieren lassen, teilte der Wissenschaftsfonds FWF mit.

Ein entscheidender Faktor für Hangrutschungen ist der Wassergehalt einer Böschung. "Mit zunehmender Wassersättigung eines Bodens steigt der Wasserdruck in dessen Poren. Gleichzeitig nehmen dabei die sogenannten Kapillarkräfte ab, die über die Oberflächenspannung des Wassers den Boden stabilisieren", erklärte Projektleiter Wei Wu vom Institut für Geotechnik der Universität für Bodenkultur (Boku) Wien in einer Aussendung des FWF, der das Projekt gefördert hat. Doch genau diese Vorgänge konnten bisher nicht berechnet werden.

Grund dafür sind die hoch komplizierten Prozesse, "die durch die Struktur eines Bodens noch komplexer werden", so Wu. Denn für die Wissenschafter besteht der Boden aus drei Phasen: Bodenkörner, Luft und Wasser. "Und für jede Phase gelten andere Berechnungsgrundlagen. Bisherige Modelle scheiterten an dieser Komplexität", erklärte der Wissenschafter.

Erstmals wesentliche Kriterien in Simulation integriert
Erst ein an der Stanford University (USA) entwickelter Computer-Code brachte den Durchbruch. Für die spezielle Anwendung weiterentwickelt, konnten die Wissenschafter damit erstmals wesentliche Kriterien der komplexen Vorgänge in die Simulationen aufnehmen. So gelang es ihnen zu berechnen, wie sich räumlich voneinander getrennte Bereiche unterschiedlicher Wassersättigung auf das Entstehen einer Bruchkante in Böschungen auswirken können.

In experimentellen Versuchen mit einem Miniaturmodell einer Böschung belegten die Forscher, dass die theoretischen Modelle die realen Vorgänge sehr gut beschreiben. Erwartungsgemäß wichtig für die Stabilität einer Böschung ist die Niederschlagsintensität. Durch die Modellversuche lernten die Wissenschafter aber auch sehr viel über den Mechanismus, der zum eigentlichen Bruch im Hanggefüge führt. "Es gelang uns, die dabei mobilisierte Energie zu berechnen und somit auch das Entstehen und Wachstum von instabilen Gleitfugen", sagte Wu.