03. Juli 2020 | 07:05 Uhr

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Tödliche Gelsen

Alarm um gefährliche "Tigermücken" in Österreich

Wenn sie sich etabliert, 'muss man Bekämpfungsmaßnahmen angehen, weil sonst kann es zu Dengue- oder Chikungunya-Ausbrüchen kommen wie in Frankreich und Italien', so Forscher Hans-Peter Führer.

Innsbruck/Wien. Die koreanische Buschmücke scheint in Österreich angekommen zu sein. Im Rahmen eines Überwachungsprogramms wurde das Insekt erstmals in Osttirol registriert. Damit steigt die Zahl invasiver Mückenarten in Tirol: Die japanische Buschmücke ist dort bereits nachgewiesen und es gibt Anzeichen, dass auch die asiatische Tigermücke in Tirol überwintert und nicht immer wieder neu eingeschleppt wird.

Im Rahmen eines wissenschaftlichen Mückenüberwachungsprogramms wurde die Verbreitung von Stechmücken mit sogenannten "Ovitraps" untersucht. Von Mai bis Oktober 2018 wurden an 67 Standorten (17 in Osttirol und 50 in Nordtirol) wöchentlich solche Fallen aufgestellt, auf denen die Stechmücken ihre Eier ablegen. Die Standorte lagen an Autobahnen sowie in städtischen und ländlichen Gebieten.
 
Das Team um Hans-Peter Führer vom Institut für Parasitologie der Veterinärmedizinischen Universität Wien hat die Eier aus den Fallen genetisch untersucht und die Ergebnisse nun im Fachjournal "PLOS Neglected Tropical Diseases" veröffentlicht. Es zeigte sich, dass die potenziell invasiven Mückenarten bereits weit verbreitet sind: An 27 Prozent der Standorte wurden Eier gebietsfremder Stechmücken gefunden.

Tigermücke: Auf Autobahnen und in städtischen Gebieten dokumentiert

Sowohl die asiatische Tigermücke (Aedes albopictus) als auch die japanische Buschmücke (Aedes japonicus) wurden auf Autobahnen und in städtischen Gebieten in Ost- und Nordtirol dokumentiert. Die koreanische Buschmücke (Aedes koreicus) wurde in Osttirol erstmals nachgewiesen. Die in Österreich erstmals nachgewiesene Art dürfte aus Italien eingewandert sein, wo sie bereits etabliert ist, sagte Führer im Gespräch mit der APA.
 
Der Nachweis der drei asiatischen Mückenarten ist für die Bevölkerung, die öffentliche Gesundheit und die relevanten Entscheidungsträger von großer Bedeutung, betonen die Wissenschafter. "Vor allem die asiatischen Tigermücken können gefährliche Krankheitserreger wie Dengue, Chikungunya und Zika übertragen. Einheimische Stechmücken sind dazu nicht in der Lage", so Führer. Zudem können die neuen Stechmückenarten in großen Massen auftreten und auch tagsüber stechen.
 
Der häufige Nachweis invasiver Arten entlang der Autobahnen ist kein Zufall: "Gebietsfremde Mückenarten werden vorwiegend durch Gütertransfer eingeschleppt, sie können aber auch einfach mit dem Auto mitfahren. Daher sind Autobahnen die wichtigsten Eintrittspforten für potentiell invasive Mückenarten", so Führer, der auf frühere Nachweise der asiatischen Tigermücke entlang der Inntalautobahn verweist. Neu seien aber wiederholte Nachweise im städtischen Gebiet, etwa in Innsbruck, Kufstein und Lienz.

Gesundheitliche Bedrohung durch die "neuen Gelsen" in Österreich

Während sich die japanische Buschmücke bereits in ganz Österreich etabliert hat, also hier auch überwintert, findet sich die asiatische Tigermücke praktisch nur in Tirol entlang der Autobahn, wobei es auch bei dieser Art erste Anzeichen einer Etablierung gib, so Führer. Der Experte hält daher ein Monitoring der Stechmückenfauna in den Gebieten, wo die Tigermücke schon einmal nachgewiesen wurde, für "absolut notwendig, um zu schauen, ob sie sich tatsächlich hier etabliert. Wenn ja, muss man Bekämpfungsmaßnahmen angehen, weil sonst kann es zu Dengue- oder Chikungunya-Ausbrüchen kommen wie in Frankreich und Italien".
 
Abseits der gesundheitlichen Bedrohung durch eingeschleppte Stechmücken, erregte die von Fachkollegen überprüfte Publikation der Forscher um Führer in dem Fachmagazin am Montag Dissens. In einer Stellungnahme hatte der Ökologe Bernhard Seidel der Darstellung bezüglich des Erstnachweises in Österreich widersprochen. Zusammen mit Kollegen habe er die Entdeckung bereits 2017 auf einer internationalen Konferenz in Chania (Kreta) vorgestellt. In der Online-Dokumentation des "Österreichweiten Gelsen-Monitoring der AGES" ist die Art in den Jahren 2017 und 2019 im Bezirk Hermagor (Kärnten) auch verzeichnet.
 
In einer Stellungnahme gegenüber der APA betonte der Erstautor der aktuellen Studie, dass es sich in der Arbeit "um den ersten Sequenz-bestätigten Nachweis von Aedes koreicus in Tirol bzw. in Österreich" handelt. Andere Funde, die auf Basis des Erbguts nachgewiesen sind, "sowie in internationalen Fachzeitschriften veröffentlichte Funde aus Österreich sind uns nicht bekannt", so Führer.