21. Juli 2015 | 11:07 Uhr

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Neue Erklärung

Forscher: So entstehen Hitzewellen

Züricher Forscher liefern neue Erklärung für das Entstehen von Hitzewellen.

Während Europa unter der Hitzewelle ächzt, liefern Forscher der ETH Zürich eine neue wissenschaftliche Erklärung für ihr Entstehen. Aufsteigende Luftmassen setzen demnach Wärme frei, die zur Stabilisierung der Hochdrucklage beiträgt.

Für extreme Wetterlagen in Europa ist häufig eine sogenannte "atmosphärische Blockierung" verantwortlich. Dabei drängt ein stabiles Hochdruckgebiet in der Troposphäre in fünf bis 10 Kilometern Höhe die Tiefdruckgebiete links und rechts ab. Im Sommer können sich so bis zu 2.000 Kilometer große"Schönwetterinseln" bilden, wie die ETH Zürich mitteilte.

Inseln unterbrechen typische Westströmung
Diese Inseln unterbrechen die typische Westströmung im Nordatlantik, die sonst wetterbestimmend für unsere Regionen ist. Zur Erklärung des meist nun als "Blocking" bezeichneten Phänomens haben sich Wissenschafter bisher eher auf die Zirkulation von Luftmassen innerhalb der oberen Troposphäre konzentriert.

Das Team um Heini Wernli von der ETH Zürich hat Wetterdaten der vergangenen 21 Jahre analysiert. Dabei haben die Forscher herausgefunden, dass auch das Aufsteigen von Luftmassen aus der unteren Troposphäre entscheidend ist für das Entstehen und Aufrechterhalten solcher Systeme.

Dabei ist ein Prozess involviert, der "latentes Heizen" genannt wird: In den aufsteigenden Luftmassen bilden sich Wolken, es kondensiert also Wasserdampf. Dabei wird sogenannte latente Energie frei. Das sei umgekehrt zum Schwitzen, wenn Wasser verdunstet und so dem Körper Wärme entzieht, erklärte Mitautor Stephan Pfahl in der Mitteilung.

Das Luftpaket erwärmt sich und kann dadurch weiter in die Höhe aufsteigen. Das latente Heizen liefert also einen Teil des Antriebs für den Aufstieg der Luftmassen, wie die Forscher nun im Fachjournal "Nature Geoscience" berichten.

So läuft der Prozess ab
Die Resultate zeigen, dass in den drei Tagen, bevor die Luftmassen die Blocking-Region erreichen, bis zu 45 Prozent der Luftmassen durch diesen Prozess erhitzt wurden. In der Woche davor waren es sogar bis zu 70 Prozent. Die Wetterentwicklung verläuft demnach so, dass sich zunächst über dem Atlantik Wolken oder Schlechtwettergebiete entwickeln.

Ein paar Tage später entstehen die Schönwetterinseln mit sonnigem Wetter über Europa. "Der Prozess ist also immer zeitversetzt", sagte Wernli. Für die Studie haben die Forscher einen immensen Satz von Daten aus Bodenmessungen, Ballonen, Flugzeugen und Satelliten ausgewertet, der aus dem Europäischen Zentrum für mittelfristige Wettervorhersage in Reading (Grossbritannien) stammt.

Die Erkenntnisse seien bedeutsam, weil sich mit der Klimaerwärmung die Häufigkeit der Blocking-Wetterlagen verändern könnte, betonen die Forscher. Durch die Erwärmung gelange mehr Feuchtigkeit in die Luft, und dadurch werde mehr latente Hitze freigesetzt. Dies sei aber noch sehr spekulativ.

Auch bei der Wettervorhersage könnten die Resultate nützlich sein: Diese kann oft den Zeitpunkt der Bildung oder des Zerfalls der Blockierung nicht präzise vorhersagen. Man müsste also schauen, wie gut der Prozess des latenten Heizens in den gängigen Wettermodellen abgebildet wird.

Blocking gibt es übrigens auch im Winter. Dann führt es zu kalten Hochnebellagen, die von der Po-Ebene bis Nord-Deutschland auftreten können. "Also all die Wetterlagen, über die sich die Menschen immer beklagen", scherzt Wernli - von der extremen Hitze bis zum grau-kalten Winterwetter.