26. Mai 2017 | 11:29 Uhr

kunstschnee574.jpg © TZ ÖSTERREICH (Archiv)

Neue Studie

So wirkt sich Kunstschnee auf das Klima aus

Forscher untersuchten die Rückstrahlwirkung von Kunstschneepisten.

Kunstschnee auf den Pisten ist die Antwort der Wintertouristiker auf zunehmend mildere Winter mit wenig Schnee. Naturschützer kritisieren den hohen Einsatz von Strom und Wasser. Experten des steirischen Joanneum Research (JR) haben nun für Tirol und die Steiermark eine Klimabilanz der technischen Beschneiung erstellt. Der abkühlende Effekt wiegt demnach die Emissionen der Kunstschneeerzeugung auf.

Schneemangel im Winter hat bereits viele Lift- und Seilbahnbetreiber veranlasst, auf künstliche Beschneiung zu setzen. "In der Gesellschaft wird das oftmals als problematisch angesehen", sagte der Grazer Volkswirt Franz Prettenthaler von der steirischen Joanneum Research. Forscher des von ihm geleiteten JR-Zentrums für Klima, Energie und Gesellschaft (LIFE) haben eine Energie- und Klimabilanz der beschneiten Pisten in Tirol und der Steiermark erstellt. Darin wurden der dazu notwendige Energieeinsatz und damit verbundene Treibhausgasemissionen, aber auch der sogenannte Albedo-Effekt berücksichtigt, betonte der Experte.

Albedo-Wert misst Rückstrahleigenschaften
"Der Albedo-Wert misst die Rückstrahleigenschaften einer Oberfläche. Ein höherer Albedo-Wert bedeutet für die Strahlungsbilanz der Erde einen geringeren Strahlungsantrieb und daher weniger Erwärmung", erklärte Prettenthaler. Den Effekt, dass unterschiedliche Oberflächen verschiedene Rückstrahlung haben, kennt jeder: Im Sommer ist u. a. dunkler Asphalt wesentlich heißer als graue Gehwegplatten, weil heller, glatter Belag mehr Strahlung reflektieren kann. Im alpinen Bereich ist es ähnlich, so Prettenthaler. Hier würden weiße Schneeflächen einen Großteil der Sonnenstrahlung reflektieren und sich nicht so stark erwärmen. Dunklere Flächen, wie z. B. apere Wiesen, nehmen allerdings mehr Sonnenstrahlung auf und erwärmen die Erdoberfläche und die Umgebung stärker. Dieser Aspekt sei bei bisherigen Berechnungen im Bezug auf die Kunstschneeproduktion außer Acht gelassen worden.

Die Forscher haben für 79 Skigebiete in Tirol und 32 in der Steiermark - und somit für eine gesamte Kunstschneefläche von rund 10.300 Hektar - berechnet, welchen "kühlenden" Effekt die Beschneiung haben kann. Das Ergebnis dieser Klimawirksamkeit haben sie mit den Emissionen, die für den Strom zur Erzeugung der Kunstschneeflächen notwendig sind, gegengerechnet.

"Einer Gesamtemission für beide Bundesländer aus dem Stromverbrauch der Kunstschneeerzeugung von rund 102.000 Tonnen CO2-Äquivalent im Jahr 2016 steht ein 'Albedo-bedingter Gegeneffekt' in der Höhe von 418.000 Tonnen CO2-Äquivalenten gegenüber", beschrieb Prettenthaler das Ergebnis. Damit kompensiere die Klimawirksamkeit der künstlichen Schneebedeckung die Effekte der Emissionen durch Stromeinsatz um das rund Vierfache.

Einsparung bei 316.000 Tonnen CO2-Äquivalenten
"Der positive klimatische Effekt der Oberflächen-Albedo-Änderung aufgrund beschneiter Pisten überwiegt den negativen Emissionseffekt der Kunstschneeerzeugung", brachte Prettenthaler das Resultat auf den Punkt. Die Einsparung an Treibhausgasemissionen für beide Bundesländer liege für das Jahr 2016 bei 316.000 Tonnen CO2-Äquivalenten. Das komme einer Einsparung der Treibhausgas-Emissionen gleich, die der Jahreskilometerleistung von 140.000 durchschnittlichen Pkws entspricht.

Der positive Klimaeffekt der Beschneiung war umso größer, je höher der Prozentsatz des durch erneuerbare Energieträger gedeckten Strombedarfes während der Schneeproduktion war. "Unter diesen Voraussetzungen ist die technische Schneeproduktion jedenfalls kostenneutral und kann - wenn auch in geringem Ausmaß - sogar als klimaschützende Anpassungsmaßnahme der Skilift- und Seilbahnbetreiber bezeichnet werden", folgerte die Forschergruppe. Hohe Stromimporte und auch höhere Emissionsraten der Stromerzeugung können jedoch das Nettoergebnis der Klimabilanz drücken.